Derzeit ist zu beobachten, dass endlich Bewegung in das viel zu lange brach liegende Thema „Routerzwang“ kommt. Zahlreiche Verbraucher- Bürgerrechts- und netzpolitische Organisationen sprechen sich klar für eine durchgreifende Korrektur der aktuellen Regelungen zum „Routerzwang“ aus.

Angesichts der derzeit für Verbraucher völlig unbefriedigend Situation, dass Internetprovider den Verbrauchern vorkonfigurierte und unabänderliche Geräte für den Netzzugang diktieren, ist dieser deutliche nochmalige Appell zu begrüßen. Trotz Thematisierung im „Unterausschuss Neue Medien“ des Deutschen Bundestag (im Rahmen einer Expertenanhörung zur Netzneutralität) und wiederholter Nachfragen an die Bundesregierung wurde eine Regelung durch die Bundesregierung bislang versäumt. Auch der letzte Versuch den „Routerzwang“ per „Netzneutralitätsverordnung nach § 41a Abs. 1 TKG“  en passant zu regeln, scheiterte am halbherzigen Agieren des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das es verpasste, die Themen Netzneutralität und Routerzwang im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu regeln.

Dabei steht der Gesetzgeber eigentlich in der Pflicht den Kundinnen und Kunden eine Wahlfreiheit zu ermöglichen, sich eigenständig, unabhängig vom Vertrag mit einem Provider, für einen ganz bestimmten Router zu entscheiden. Ausgangspunkt dieses Problems ist, dass Provider Router nach eigenem Ermessen zum Bestandteil ihres Netzes erklären können, da die Definition von „Netzabschlussgerät“ bisher zu Gunsten der Internetprovider ausgelegt wurde.

Genau dies hat man auf europäischer Ebene bereits vor mehr als 25 Jahren als Missstand erkannt und den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Recht eingeräumt, die benötigten Einrichtungen ungeachtet ihrer Herkunft frei nach Preis und Qualitätskriterien wählen zu können. Auch das maßgebliche, deutsche Telekommunikationsgesetz (TKG) fordert von der Bundesnetzagentur, den Teilnehmern einen „größtmöglichen Nutzen in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität“ zu sichern.

Zahlreiche Provider schreiben ihren Kundinnen und Kunden jedoch noch immer vor, welche Router sie zu nutzen haben und blockieren den Anschluss eines Fremdgerätes an die Telefon- oder Internet-Leitung, indem sie den Kunden die dafür nötigen Zugangsdaten einfach vorenthalten. Diese Einschränkungen lassen sich bei vielen Providern nicht ändern, so dass die Verbraucherinnen und Verbraucher oftmals weder die Konfigurationen des Routers kennen, geschweige denn diese auf ihre Bedürfnisse hin anpassen können. Dies ist nicht nur ein ungerechtfertigter Eingriff in die Wahlfreiheit der Nutzerinnen und Nutzer, darüber hinaus ist dieses Vorgehen auch aus datenschutzrechtlicher und sicherheitstechnischer Sicht problematisch und birgt aufgrund der monopolartigen Verbreitung weniger Netzabschlussgeräte ein zusätzliche, nicht unerhebliche Risiken, die leicht zu vermeiden wären.

Wir machen seit langem auf die Problematik des Routerzwangs aufmerksam. Die Bundesnetzagentur reagierte lange Zeit nicht, dann teilweise widersprüchlich. Anfang Januar 2013 erst kam die Agentur nach langer Prüfung noch zu dem Schluss, dass sie keine rechtliche Handhabe gegen die Kopplung eines Vertrags mit einem bestimmten Router habe. Sie verwies darauf, dass Netzbetreiber nach den Vorgaben des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) zwar den Anschluss und Betrieb jedes zulässigen Endgerätes an der entsprechenden Schnittstelle gestatten müssen, gleichzeitig jedoch der Gesetzgeber nicht festgelegt habe, welche konkreten Schnittstellen das Netz des Netzbetreibers mit dem Heimnetz des Endkunden verbinden. Vielmehr sei es dem jeweiligen Netzbetreiber überlassen, dies zu definieren. So läge die Entscheidung, ob es sich bei Routern um Netzbestandteile oder Endgeräte handele, bei den Providern. Die Agentur könne diese Entscheidung nicht treffen.

Wir teilen diese Rechtsauffassung nicht und haben wiederholt auf entsprechende EU-Vorgaben verwiesen, in denen festgelegt wird, dass die nationale Regulierungsbehörde durchaus für die Festlegung des Standortes des Netzabschlusspunkts zuständig ist, die Festlegung jedoch gegebenenfalls auf der Grundlage eines Vorschlags der betreffenden Unternehmen erfolgen könne.

Mit ihrer frühzeitigen Festlegung hat die Agentur die Verbraucherinnen und Verbraucher im Regen stehen lassen und es verpasst, hier im Sinne aller Beteiligten die eigentliche Intention des Gesetzgebers umzusetzen und Vorschläge zu unterbreiten, wie die bestehende Rechtslage im Sinne der Entscheidungsfreiheit zu konkretisieren wäre.

Diese frühzeitige Parteinahme für die Provider war auch vor dem Hintergrund, dass sich auch während der stattgefundenen Anhörungen kein Provider offen für einen „Routerzwang“ ausgesprochen hat. Vielmehr sprach sich eine klare Mehrheit der geladenen Expertinnen und Experten gegen einen solchen Zwang und für eine tatsächliche Wahlfreiheit aus.

Vor dem Hintergrund eines zumindest sehr halbherzigen Agierens der Bundesnetzagentur, sich im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu engagieren, das auch bei der Debatte um die Sicherung der Netzneutralität wiederholt zu beobachten war, begrüßen wir den aktuell zu vernehmenden Vorstoß aus der Unterarbeitsgruppe „Digitale Agenda“ der Koalitionsgespräche von CDU/CSU und SPD.

Abzuwarten bleibt allerdings, wie ernst es die Koalitionäre in spe mit einer gesetzlichen Regelung  im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher meinen und wie diese konkret gesetzlich umgesetzt werden sollen. Als Grüne Bundestagsfraktion werden wir am Ball bleiben und auch in der neuen Legislaturperiode auf eine verbraucherfreundliche Regelung drängen.

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