Heute beginnt der nunmehr 10. nationalen IT-Gipfel der Bundesregierung. Gemeinsam mit meinem Kollegen Özcan Mutlu, Sprecher für Bildungspolitik der grünen Bundestagsfraktion, habe ich hierzu einen kurzen Kommentar verfasst.

Die Gestaltung der Digitalisierung ist zweifellos eine der größten Aufgaben unserer Zeit. Die Bundesregierung hat das bis heute nicht erkannt. Jeder kocht sein eigenes netzpolitisches Süppchen. Eine kohärente Digital-Strategie verfolgt man noch immer nicht. Der jährliche IT-Gipfel ist kaum mehr als substanzloses Schaulaufen zahlreicher Ministerinnen und Minister, die alle irgendwie mitspielen wollen. Eine tatsächliche Einbindung der Zivilgeselleschaft findet noch immer nur sehr bedingt statt.

Die Digitalpolitik der schwarz-roten Bundesregierung bleibt insgesamt hoch widersprüchlich. Ministerien arbeiten lieber gegen- statt miteinander und blockieren wichtige digitalpolitische Entscheidungen. Vor Jahren gemachte Versprechen hält man nicht.

Wenn man netzpolitisch gestaltet, dann meist ausschließlich im Sinne großer Unternehmen, nicht im Sinne der Verbraucher: Vectoring, Leistungsschutzrecht oder Netzneutralität stehen hierfür exemplarisch. Ob beim Datenschutz oder der Bekämpfung klar strafbarer Meinungsäußerungen im Netz – den die eindeutige europäische und deutsche Rechtslage ignorierenden Unternehmen setzt man eine folgenlose Frist nach der anderen – und macht sich damit mittlerweile nur noch lächerlich.

Statt endlich die Ärmel hochzukrempeln und den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, stellt man über Jahrzehnte mühsam erkämpfte Prinzipien wie die Datensparsamkeit derzeit offen in Frage und setzt auf unzureichende IT-Sicherheitsstandards statt innovativer Datenschutzkonzepte. Deutlich wird zudem: Längst hat der Wahlkampf begonnen.

Der diesjährige IT-Gipfel trägt den Titel „Lernen und Handeln in der digitalen Welt“. Ministerin Wanka will 40.000 Schulen mit einer Breitbandanbindung, WLAN und modernen Computern ausstatten. Mit der Ausarbeitung konkreter pädagogischer Konzepte, mit der Aus-, Fort- und Weiterbildung, der Wartung sowie dem Betrieb der digitalen Infrastruktur lässt die Bildungsministerin die Länder allein. Die eigenen Hausaufgaben macht man nicht. Sonst wäre die Störerhaftung, die die selbst ausgebenen Ziele massiv konterkariert und Rechtsunsicherheit auch für Schulen bedeutet, längst Geschichte.

Zahlreiche Studien belegen: Immer noch ist Deutschland im internationalen Vergleich beim Lernen in der digitalen Welt ein Entwicklungsland. Um das zu ändern braucht es nachhaltige Konzepte, in Absprache mit allen Akteuren und keine halbgaren Insellösungen und verfrühtes Wahlkampfgetöse der Bildungsministerin.

Eine netzpolitische Kompetenzbündelung ist lange überfällig. Auf sie hatte auch die Enquete-Kommission – interfraktionell – gedrungen. Die Netzpolitik gehört an den Kabinettstisch. Wir brauchen endlich klare netzpolitische Zuständigkeiten und eine Digitalstrategie aus einem Guss statt PR-Gipfel. Davon gab es in der Vergangenheit schon genug.

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