Während die Regierung in aller Seelenruhe die ersten Transparenzberichte nach NetzDG evaluiert und dringend notwendige Nachbesserungen am NetzDH auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben hat, setzt sich die grüne Bundestagsfraktion dafür ein, grobe, handwerkliche Fehler des NetzDG dringend zu beheben und bei verschiedenen Punkten nachzujustieren. Als grüne Bundestagsfraktion haben sowohl zur Vorlage des NetzDG als auch danach immer wieder sehr konkrete Vorschläge hierzu unterbreitet. An dieser Stelle berichtet Renate Künast über unsere aktuelle Initiative zur Weiterentwicklung des NetzDG, über die gestern bereits das Handelsblatt berichtet hat

Vor gut einem Jahr trat das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft. Das im Schweinsgalopp durch das Parlament gepeitschte, handwerklich schlecht gemachte Gesetz wurde bereits vor und nach seiner Verabschiedung massiv kritisiert. Als grüne Bundestagsfraktion hatten wir, als einzige Fraktion im Deutschen Bundestag, einen eigenen Alternativorschlag vorgelegt. Unsere vielfältigen Aktivitäten rund um das NetzDG und zum Schutz demokratischer Diskurse und Willensbildungsprozesse könnt ihr hier nachvollziehen. Im September haben wir die führenden Expertinnen und Experten zu einem Fachgespräch der grünen Bundestagsfraktion geladen.

Auf Basis dieser Beiträge und Debatte sowie einer intensiven Befassung mit der Materie haben wir am 22.11.2018 einen eigenständigen und umfassenden Antrag mit dem Titel „NetzDG weiterentwickeln – Nutzerrechte stärken, Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken sicherstellen“ (pdf) in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Aus unserer Sicht ist klar: Es braucht eine Konkretisierung des bestehenden Melde-und-Abhilfe-Verfahrens. Unser Antrag ist schlägt darüber hinaus ein umfassendes Maßnahmenpaket vor:

  1. Nutzer müssen Meldewege immer leicht finden.
  2. Die Transparenzberichte der Unternehmen müssen so vergleichbar sein, dass keine monatelange und ressourcenaufwendige Evaluation nötig ist.
  3. Social bots sollten immer als solche zu erkennen sein.
  4. Wir brauchen ein put-back-Verfahren für zu Unrecht gelöschte Inhalte und gesperrte Accounts.
  5. Betroffene sollen sich mit Beschwerden über Löschungen an eine Clearingstelle wenden können.
  6. Betroffene brauchen schnellen und effektiven Rechtsschutz. Es kann nicht sein, dass juristisches Fachwissen nötig ist, um einen Inhalt zu melden.
  7. Gemeinsam mit den Ländern muss ein moderner und effektiver Jugendschutz entwickelt werden.
  8. Falschnachrichten dürfen kein attraktives Geschäftsmodell sein.

Auch wenn die EU-Kommission bislang nicht interveniert hat: Wir wissen, dass sie sehr genau auf Deutschland schaut und das NetzDG ein Stück weit als Testballon betrachtet. Das Gesetz findet heute bereits große internationale Beachtung und leider auch unliebsame Nachahmung. Umso wichtiger ist eine ehrliche und sorgsame Auseinandersetzung mit dem, was seit einigen Jahren im Netz passiert: Die Neue Rechte nutzt modernste Strategien, um die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben.

Die sozialen Netzwerke sind Treibstoff des Populismus: stark verkürzte Nachrichten, gezielte Falschinformation und organisierte Hasskampagnen heizen die Stimmung an. Das systematische Vorgehen im Netz schürt gezielt Ängste und Emotionen. Das NetzDG stellt jedoch keine adäquate Antwort auf die vielfältigen Problemlagen dar. Es ist handwerklich schlecht gemacht und führt zu einer Engführung dieser wichtigen Debatte.

Als Grüne Bundestagsfraktion fordern wir auch weiterhin eine wirksame Gesamtstrategie gegen die Verrohung des Diskurses und Einschüchterung engagierter Menschen im Netz. Es braucht eine gesamt-gesellschaftliche Anstrengung, um unsere Demokratie ebenso effektiv wie rechtsstaatlich zu schützen. Eine unserer zentralen politischen Forderungen an die Bundesregierung lautet dabei: NutzerInnenrechte zu stärken und dabei die Balance zwischen Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit zu wahren.

Am 30.November 2018 zeigen wir den Film „Müllabfuhr im Netz – „The CLEANERS“ und diskutieren im Anschluss. Am. 4. Dezember 2018 diskutieren wir im Rahmen der VI. Netzpolitische Soirée: „Hacked democracy? Demokratie schützen!“ über intransparente Beeinflussung demokratischer Willensbildung in Berlin. Zu beiden Veranstaltungen kann man sich noch anmelden.

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