Heute hat die Bundesregierung ihr „Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ vorgelegt. Das Paket habe ich gemeinsam mit meiner Kollegin insofern kritisiert, als dass die Bundesregierung darin viele vage Absichtserklärungen aber wenig Substanzielle Vorschläge macht.

Schleunigst zusammengeschusterte Neun-Punkte-Pläne – wie nun nach dem schrecklichen Anschlag in Halle – können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesregierung zahlreiche Schritte zur Erhöhung der Sicherheit in unserem Land und dem Schutz von durch Hass und Hetze betroffenen Menschen viel zu lange hinausgezögert hat.

Wir begrüßen, dass sich Bundesregierung und Sicherheitsbehörden der sehr realen Gefahr gut vernetzter Rechtsextremisten und Rechtsterroristen noch stärker widmen wollen. Nach personellen brauchen wir auch strukturelle Änderungen, um auf neue Gefahrenlagen angemessen reagieren zu können.

Entsprechende Reformvorschläge liegen seit langem im Parlament vor. Die europäische Zusammenarbeit muss dringend verbessert werden. Der Austausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz, wie er insbesondere in diversen Zentren erfolgt, bedarf endlich klarer und verhältnismäßiger gesetzlicher Regelung.

Auch die Bekämpfung des Antisemitismus müssen wir endlich entschlossener angehen. Die Bundesregierung muss die vielen, bislang nicht umgesetzten Forderungen des interfraktionellen Antrags endlich abarbeiten. Unter anderem muss im Zusammenspiel mit den Ländern die Erfassung antisemitischer Straftaten in den Kriminalitätsstatistiken und der Schutz jüdischer Einrichtungen verbessert werden.

Die Einrichtung einer Zentralstelle für Analyse und Bekämpfung von Hasskriminalität, insbesondere in Verbindung mit einer zentralen Online-Beratungsstelle für Betroffene ist ein positives Signal. Das BKA könnte eine wichtige Funktion zur Koordination wahrnehmen. Das setzt entsprechende rechtsstaatlich einwandfreie gesetzliche Grundlagen voraus.

All dies bleibt in dem Vorschlag der Bundesregierung jedoch nebulös. So auch bei den proklamierten Meldepflichten der Plattformbetreiber. Diese haben zweifellos eine große Verantwortung bei der Bekämpfung klar strafbarer Meinungsäußerungen, gleichzeitig dürfen sie aber nicht noch mehr in die Rolle von „Hilfssheriffs“ gedrängt werden.

Eine grundlegende Überarbeitung des in weiten Teilen dysfunktionalen NetzDG ist seit vielen Monaten überfällig und wurde bislang von der Bundesregierung verschlafen. Zahlreiche konkrete Verbesserungsvorschläge liegen seit langem im Parlament vor. Dass die Bundesregierung nun nicht mehr bis zum Jahr 2020 mit Evaluierung und Überarbeitung warten will, begrüßen wir. Dafür haben gerade wir beide uns sehr eingesetzt.

Gleichzeitig packt man wichtige Reformen noch immer nicht an. Ob verbesserte Meldewege, klarere Transparenzpflichten oder ein „put-back“-Verfahren – all dies ist überfällig. Die jetzigen Vorschläge laufen Gefahr, die ohnehin überlastete Justiz an den Rand der Arbeitsfähigkeit zu bringen. Dieser Gefahr muss mit der Stärkung der Justiz und der entschlossenen Umsetzung des „Pakts für den Rechtsstaats“ endlich begegnet werden.

Auch brauchen wir weitere Änderungen im Waffenrecht. Noch immer kommen Extremisten viel zu leicht an Waffen. Dass die Regelabfrage erst jetzt eingeführt wird, ist ein großes Versäumnis. Auch die Änderungen im Melderecht zum verbesserten Schutz von Betroffenen sind überfällig. Weiterhin brauchen wir eine „Task Force“ im Bundesinnenministerium, die Hilfs- und Beratungsangebote an die Hand gibt, sowie die Verankerung eines zentralen Rechtshilfefonds für Opfer von Hasskriminalität im Bundeshaushalt.

Genauso ist ein „Demokratiefördergesetz“ lange überfällig. Das Hin und Her der Großen Koalition der vergangenen Wochen hat die wichtige Arbeit zahlreicher zivilgesellschaftlicher Initiativen erschwert und gezeigt, dass die Bundesregierung den Wert dieser wichtigen Arbeit für unsere Demokratie noch immer nicht erkannt hat. Wir brauchen eine langfristige, verlässliche, gesetzlich verankerte Finanzierung.

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