Sowohl netzpolitik.org als auch Spiegel Online berichten über die Verschärfung des sogenannten „Hackerparagraphen“, also § 202c StGB. Gerade erst hat die große Koalition unter Federführung des Bundesministeriums des Inneren ihren Gesetzentwurf für ein IT-Sicherheitsgesetz und ihr Paket zu angeblichen Reformen des Verfassungsschutzes vorgelegt. Zu beiden Vorhaben hatten wir in den letzten Tagen mehrfach gebloggt und unsere Kritik ausführlich dargestellt.

In der Placebo-Reform der Bundesregierung zum Verfassungsschutz werden die Befugnisse der Sicherheitsbehörden nach NSU- und NSA-Skandal noch einmal massiv ausweitet und die Massenüberwachung unserer Kommunikation weiter legalisiert, beispielsweise durch entsprechende neue Regelungen im G-10-Gesetz. Dies wird von allen Seiten kritisiert.

In dem von Ihnen gerade vorgelegten, in vielerlei Hinsicht ebenfalls viel zu kurz springenden, Entwurf eines IT-Sicherheitsgesetzes wird dem Bundeskriminalamt (BKA) unter anderem auch die Zuständigkeit zur Strafverfolgung bezüglich des umstrittenen Hackerparagraphen (§ 202c StGB) übertragen. Auch dies haben wir in den letzten Tagen mehrfach deutlich kritisiert.

Nun legt die Bundesregierung, nur wenige Tage später, noch einmal nach, indem sie das Strafmaß für Vergehen gegen § 202c StGB, gut versteckt in der heutigen Vorlage der Großen Koalition des „Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption“ (pdf) von bislang einem auf zwei Jahre heraufsetzt. Dies haben wir heute kritisiert. Denn, auch, wenn die Auswirkungen des Hackerparagraphen, anders als zur Zeit der Verabschiedung befürchtet, vor allem durch gerichtliche Klarstellungen, überschaubar blieben, sehen wir den Hackerparagraphen als Grüne nach wie vor sehr kritisch.

Die Debatte um den Hackerparagraphen führt der Bundestag sei Jahren, zuletzt in der Projektgruppe „Zugang, Struktur, Sicherheit“ der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“. So haben sich im Rahmen sogenannter „Sondervoten“, die immer dann verfasst wurden, wenn einzelne Fraktionen eine abweichende Haltung signalisieren wollten, mehrere Fraktionen klar für die Evaluierung des Hackerparagraphen ausgesprochen, unter anderem auch die heute mitregierende SPD.

Statt sich nun auf die vor Kurzem gefassten Beschlüsse zu besinnen, und den Hackerparagraphen auf seine tatsächliche Sinnhaftigkeit und möglicherweise kontraproduktive Effekte zu überprüfen, wie es mein Kollege Volker Beck heute noch einmal Im Rahmen seiner heutigen Protokollrede gefordert hat, verschärfen Union und SPD den Hackerparagraphen, achselzuckend auf eine EU-Richtlinie verweisend, weiter. Dabei suggeriert die GroKo, die Richtlinie sei vom Himmel gefallen. Dem ist aber nicht so.

Die Grüne Fraktion im Europäischen Parlament hat unter Federführung von Jan Albrecht damals eine Reihe von Verbesserungen in die Richtlinie verhandeln können (hier zum Hintergrund). Die eingezogenen Safeguards, die eine deutliche Verbesserung am § 202c darstellen würden, müsste die Bundesregierung nun auch umsetzen, tut dies aber eben nicht. Auf die in die Richtlinie eingezogenen Safeguards haben die Kollegen der Linken nebenan schon verwiesen. In der konsolidierten veröffentlichten Fassung der Richtlinie (pdf) sind dies vor allem die Erwägungsgründe 11 und 12.

So wird eine in der Richtlinie sehr bewusst angelegte Unterscheidung zwischen leichten und nicht-leichten Fällen durch die Bundesregierung bewusst nicht vorgenommen. Sie setzt die Strafe zwar auf zwei Jahre hoch, berücksichtigt aber nicht, dass minderschwere Fälle nach der EU-Richtlinie durchaus anders behandelt werden können. Das müsste sie aber!

Ansonsten könnte allzu leicht der Eindruck entstehen, dass hier, mit Verweis auf eine EU-Vorgabe, eine Strafrechtsverschärfung bezüglich eines ohnehin umstrittenen Hackerparagraphen vorgenommen und die – wohlgemerkt in derselben Vorgabe – extra eingezogene Unterscheidung verschiedener Fallarten und damit einhergehende Ermöglichung geringerer Strafen bewusst übersehen wird.

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