In unregelmäßigen Abständen berichten wir in der Rubrik “Aus den Ländern” über verschiedene Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen-, Rechts- und Netzpolitik in den einzelnen Bundesländern. An dieser Stelle hat die innenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion in Bayern, Katharina Schulze (twitter), einen Gasteitrag verfasst, in dem Katharina über die Bemühungen der bayerischen Landtagsfraktion, die derzeitige Spähaffäre auf die Tagesordnung des bayerischen Landtags zu setzen, berichtet.
Seit 2005 regiert Angela Merkel in wechselnden Koalition das Land. Datenschutz war bisher das letzte aller Themen bei der Union. In Reaktion auf die Enthüllungen der Totalüberwachung der deutschen Bevölkerung durch ausländische Geheimdienste und der Nutzung dieser illegal erhobenen Daten durch deutsche Sicherheitsbehörden versuchen sich zahlreiche Unionspolitiker nun seit wenigen Tagen im Bereich des Datenschutzes. Ein insgesamt kläglicher, unglaubwürdiger und untauglicher Versuch.
CDU/ CSU versuchen seit Jahren, wie im Übrigen auch das BKA, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung sprachlich umzuettikettieren. In der Sache rücken sie aber keinen Jota von ihren Totalspeicherungsforderung ab. Dass die SPD-Bundestagsfraktion die Erkenntnisse um PRISM und TEMPORA zum Anlass nimmt und nun offenbar von ihrer bisherigen Forderung einer raschen Einführung der Vorratsdatenspeicherung abrückt, begrüßen wir ausdrücklich. Unsere in dieser Legislatur gegen die Vorratsdatenspeicherung im Bundestag gestellten Initiativen hatte die SPD-Bundestagsfraktion stets abgelehnt. Auch in ihrem Wahlprogramm hält die SPD an der Vorratsdatenspeicherung fest. Der jetzt eingeleitete Kurswechsel war lange überfällig. Ihm müssen dringend weitere Schritte folgen.
Deutsche Firmen spielen beim weltweiten Export von Überwachungs- und Zensursoftware in der ersten Liga. Die Bundesregierung schaut diesem Treiben seit Jahren tatenlos zu und setzt sich sogar aktiv gegen eine Verschärfung der Exportbestimmungen ein. Als Grüne setzen wir uns seit langem für eine effektive Exportkontrolle deutscher und europäischer Überwachungstechnologie und Zensursoftware ein und haben kurz vor Ende der Legislatur noch einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Trotz anderslautender Bekenntnisse haben CDU/CSU und FDP unseren Antrag nun abgelehnt - und damit dokumentiert, dass ihnen noch immer Wirtschaftsinteressen vor den Schutz der Informations- und Meinungsfreiheit stellen und ihnen die Gewinne einer Handvoll Unternehmen wichtiger sind als die Unterstützung derjenigen, die weltweit für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpfen.
Der Anschlag auf den Boston-Marathon, einen der großen Traditionsläufe weltweit, ist ein gezielter Anschlag auf unsere freie Gesellschaft. Wir trauern gemeinsam mit den Angehörigen der getöteten Opfer und wünschen den Verletzten baldige Genesung. Die Hintergründe der Tat gehören rasch aufgeklärt. Alle Sicherheitsverantwortlichen müssen nun einen kühlen Kopf bewahren und besonnen reagieren. Zum Anschlag auf den Boston-Marathon und den reflexhaften Forderungen des innenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), habe ich heute gemeinsam mit dem Sprecher für innere Sicherheit der grünen Bundestagsfraktion, Wolfgang Wieland, folgendes erklärt.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bestandsdatenzugriff (pdf) wurde in der letzten Sitzungswoche des Bundestages gegen unseren Widerstand verabschiedet. Der Gesetzentwurf liegt jetzt im Bundesrat und kann dort theoretisch noch aufgehalten werden, was allerdings angesichts der Zustimmung der SPD nicht wahrscheinlich ist. An dieser Stelle dokumentieren wir noch einmal die Kritikpunkte, die wir an dem jetzigen Gesetzentwurf haben und mahnen dringende Nachbesserungen im Sinne des Grundrechtsschutzes der Bürgerinnen und Bürger an.
Gestern debattierte das Plenum des Bundestages in zweiter und dritter Lesung über ein von schwarz-gelb vorgelgten Entwurf eines "Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft". Letztendlich stimmte der Bundestag dem von schwarz-gelb unter Zuarbeit der SPD vorgelegtem Gesetzentwurf (Drs.-Nr. 17/12034) zu. Als Grüne konnten wir der von der ganz großen Koalition aus CDU/CSU, FDP und SPD vorgelegten Initiave nicht zustimmen. Konstantins Rede und ein Interview mit dem Deutschlandfunk zur Bestandsdatenauskunft dokumentieren wir an dieser Stelle. Wie immer gilt: Über Eure Kommentare und Anregungen freuen wir uns.
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