Häufig haben wir an dieser Stelle schon über das sogenannte No-Spy-Abkommen, dessen von Vornherein im Zweifel stehende Sinnhaftigkeit und das sich über Monate hinziehende Scheitern des Abkommens berichtet. Im Parlament haben wir die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, von diesem unsinnigen Ansatz abzusehen und sich auf tatsächlich sinnvolle Instrumente zum Schutz unserer Grundrechte zu konzentrieren. Exemplarisch sei an dieser Stelle auf die von uns Grünen beantragte Aktuelle Stunde zum Scheitern des No-Spy-Abkommens verwiesen. Wer die Debatte verpasst hat, kann meinen Redebeitrag hier noch einmal als Video nachvollziehen.
Schon damals hatte sich mehr als deutlich abgezeichnet, dass die Bemühungen der Bundesregierung um ein solches Abkommen als längst gescheitert angesehen werden müssen. Immer wieder haben wir die Bundesregierung aufgefordert, ihr Scheitern endlich einzusehen und gemeinsam mit uns tatsächlich zum Ziel führende Wege zu beschreiten. Neben mehreren Plenardebatten habe ich unzählige Interviews gegeben (exeplarisch sei auf ein Interview mit dem WDR verwiesen), habe mehrere parlamentarische Fragen an die Bundesregierung gerichtet, habe Gastbeiträge zur mangelnden Sinnhaftigkeit des Ansatzes eines No-Spy-Abkommens verfasst und parallel Mindestanforderungen formuliert, die ein No-Spy-Abkommen zumindest erfüllen müsste, wenn es überhaupt irgendwas bewirken soll. Trotz unserer intensiven Bemühungen, sie endlich zu einem Umdenken zu bewegen, und mehrerer gescheiterter Delegationsreisen hielt die Bundesregierung bis vor wenigen Tagen unbeirrt an der Idee des No-Spy-Abkommens fest. Erst jetzt scheint auch sie zu verstehen, dass es ein solches, bilaterales Abkommen niemals geben wird. Durch ihr Zögern hat die Bundesregierung wertvolle Zeit verstreichen lassen.
Das jetzige Eingeständnis der Bundesregierung hat noch einmal verdeutlicht: Angela Merkel ist in Sachen Geheimdienstaffäre kläglich gescheitert. Die Bundeskanzlerin, die angeblich eine der mächtigsten Frauen der Welt sein soll, ist in dieser für unsere Freiheit so zentralen Frage sprachlos, hilflos, tatenlos und ganz offenbar machtlos. Sie hat das No-Spy-Abkommen mit den USA noch im Wahlkampf wie eine Monstranz vor sich her getragen. Jetzt hat sich diese von Beginn an windige Idee vollständig in Luft aufgelöst. Damit werden zentrale Grundrechte ausländischen Geheimdiensten widerspruchslos zum Fraß vorgeworfen.
Es ist nicht bekannt, dass Frau Merkel bei ihrem jüngsten Besuch in London das Thema Überwachung überhaupt angesprochen hat, obwohl es sich beim britischen GCHQ um einen der am aggressivsten vorgehenden und mit völlig unerträglichen Mitteln agierenden Geheimdienst handelt, der massenhaft und ungezielt die transatlantischen Datenflüsse verschiedener Länder abhört – eine Praxis, die mittlerweile selbst der britische Vizepremier überprüfen lassen will. Obwohl wir die Bundesregierung seit nunmehr einem Dreiviertel Jahr immer wieder auffordern, nicht nur mit dem Finger in Richtung Amerika zu zeigen, sondern auch zu überprüfen, welche Rolle die europäischen Dienste im internationalen Ringtauschsystem offenbar verfassungswidrig erlangter Daten spielen, hat die Kanzlerin rein nichts getan, um diese Praxis endlich auf den Prüfstand zu stellen. Offenbar wiegen diplomatischen Erwägungen für die Kanzlerin bei Weitem mehr als der Schutz der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. Wir sagen hingegen auch weiterhin: Diese rechtswidrigen Praktiken sind umgehend mittels eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens anzugreifen. Ein solches endlich in die Wege zu leiten, ist überfällig.
Unterdessen dauern die schockierenden Enthüllungen über weitere klar menschenrechtswidrige Praktiken insbesondere des britischen GCHQ und des US-Geheimdienstes NSA weiter an. Neue Enthüllungen kommen täglich dazu: So ist seit wenigen Tagen bekannt, dass auch der US-amerikanische Geheimdiest CIA nicht davor zurückschreckt, US-Senatoren, die die Einhaltung von Recht und Gesetz durch die Dienste kontrollieren sollen, umfassend zu überwachen. Bilanzierend wird klar, dass die Geheimdienstordnung offenbar wie in Beton gegossen scheint. Bis heute hat sich aufgrund der Snowden-Enthüllungen in keiner der betroffenen Staaten konkret etwas geändert, auch bei uns nicht. Diese Passivität auch der neuen schwarz-roten Bundesregierung ist angesichts der Aushebelung zentraler Grundrechte unerträglich. Wir sagen an dieser Stelle noch einmal ganz klar: Es kann und darf angesichts der ungeheuren Dimension der Enthüllungen der letzten Monate kein Übergehen zur Tagesordnung geben. Ihre Verweigerungshaltung werden wir der Großen Koalition nicht durchgehen lassen. Wer es mit unserer Freiheitsordnung ernst meint, muss jetzt konkrete Maßnahmen ergreifen. Die Vorschläge dazu liegen seit langem auf dem Tisch.
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