Die Sicherheit unserer Kommunikation und die Integrität digitaler Infrastrukturen sind auch weiterhin massiv gefährdet. Das hat nicht zuletzt der durch Edward Snowden aufgedeckte Überwachungsskandal gezeigt. Die Dimension des Skandals und das Ausmaß der Kompromittierung digitaler Infrastrukturen will die Bundesregierung bis heute nicht anerkennen.

Vor allem die Union hat ein tief gespaltenes Verhältnis zur Datensicherheit im Netz. Als Antwort auf die Snowden-Enthüllungen forderte sie, auch um von der eigenen Handlungsunfähigkeit abzulenken, die Bürgerinnen und Bürger auf, den Schutz der eigenen Daten durch die Nutzung von Verschlüsselungstechnologien selbst in die Hand zu nehmen.

In ihrer Digitalen Agenda  versprach die Bundesregierung, die sich in den vergangenen Jahren mit Händen und Füßen gegen die Einführung einer durchgehenden Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aussprach, großspurig, Deutschland zum „Verschlüsselungsland Nummer eins“ zu machen. Die Halbwertszeit dieses Versprechens wird nun deutlich.

Wer dachte, die jahrelangen Debatten und eine von konservativen Politikern immer wieder angestoßene Diskussion um ein „Vermummungsverbot im Internet“ seien endgültig beendet und die bestehende Rechtslage in Deutschland mittlerweile auch dem letzten klar, wird dieser Tage eines besseren belehrt.

Wer  jetzt fordert, es müssten generelle Hintertüren in Verschlüsselungssoftware verbaut werden, der zeigt, dass er weiterhin Unwillens ist, die rechtsstaatlich notwendigen Konsequenzen zum Schutz unserer privaten Kommunikation und digitaler Infrastrukturen zu ziehen. Gleichzeitig offenbart er die eigene Schizophrenie in einer für die digitale Gesellschaft essentiellen Zukunftsfrage.

Bereits in ihrem letzten Parteitagsbeschluss stellt die Union entsprechende Überlegungen ganz unverhohlen an. Diese scheinen sich nun weiter zu konkretisieren und europäisieren. Dies ist auch das Resultat der Sprachlosigkeit eines sozialdemokratischen Koalitionspartners, von dem man in dieser Frage bislang leider kein Wort hört. Leider spricht sich auch die Wirtschaft alles andere als entschlossen gegen die neuerlichen Pläne des Innenministers aus.

Die neuerlichen Forderungen nach einem Verbauen von Sicherheitslücken in Anonymisierungs- und Verschlüsselungsdiensten ist der worst case für eine durch die Snowden-Debatte für ihre Rechte auf Privatheit sensibilisierte Öffentlichkeit. Das letzte erfolgversprechende Instrument des wirksamen digitalen Selbstschutzes darf nicht dem Zugriff eines ersichtlich heute schon kaum noch zu kontrollierbaren Sicherheitsapparates ausgesetzt werden.

Statt der weiteren Infiltrierung der letzten geschützten Räume für digitale Kommunikation durch Sicherheitsbehörden brauchen wir eine massive Aufrüstung der Verschlüsselungsmöglichkeiten. Nur so kann das letzte Stück Vertrauen in die Nutzung der IT-Technik erhalten bleiben. Wir brauchen auch weiterhin ein Verbot für Sicherheitsbehörden, Sicherheitslücken zu kaufen, bewusst offenzuhalten und zu verbauen und wir brauchen eine bessere Kontrolle des Exports entsprechender Techniken.

Die Union muss endlich sagen was sie will: Entweder Deutschland zum „Verschlüsselungsland Nummer eins“ machen oder die Integrität unserer digitalen Infrastrukturen weiter aufbohren. Bundesinnenminister de Maiziere muss nunmehr Farbe bekennen. Er muss sich entschlossen gegen entsprechende Pläne seiner Innenministerkollegen auf europäischer Ebene aussprechen. Die SPD muss ihre Sprachlosigkeit endlich überwinden und sich ganz entschieden gegen die Pläne des Koalitionspartners aussprechen.

In einem Rechtsstaat ist die Privatsphäre elementarer Bestandteil individueller Freiheit. Dieses verfassungsrechtlich geschützte Gut muss der Staat schützen.

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