Eckhard von Klaeden wechselte noch während der 17. Wahlperiode direkt aus dem Kanzleramt zur Daimler AG und ist dort heute Leiter der Abteilung „Politik und Außenbeziehungen“. Wie vor Kurzem bekannt wurde, sucht der Bundeskanzleramtschef a.d. von Kanzlerin Merkel, Ronald Pofalla, seine berufliche Zukunft im Vorstand der Deutschen Bahn. Die wiederholten, direkten Wechsel von ehemaligen Spitzenpolitikern aus dem Kanzleramt sorgen derzeit für berechtigte öffentliche Kritik und Ablehnung.

Da sich Ronald Pofalla als Bundeskanzleramtsminister mehrfach, auch kurz vor der Bundestagswahl noch, mit Vertretern der Deutschen Bahn getroffen hat, steht der Verdacht der Vorteilsnahme im Raum. Dies ist kein neues Phänomen. Im Gegenteil: Wir diskutieren im und außerhalb des Bundestages seit mehreren Jahren über die Notwendigkeit von verpflichtenden, gesetzlichen Karenzzeitregelungen wie es sie zum Beispiel für politische Beamte, für EU-Kommissare und in vielen anderen Ländern bereits seit langem gibt.

Für uns Grüne war und ist dabei klar: Niemand hat grundsätzlich etwas gegen eine berufliche Neuorientierung von Politikerinnen und Politikern in Richtung Privatwirtschaft. Im Gegenteil: Wer nicht will, dass Politikerinnen und Politiker ihr ganzes Leben lang ausschließlich Politik machen, in dessen Interesse liegt die Möglichkeit derartiger Wechsel. Um von vornherein mögliche Interessenskonflikte und den Eindruck von Mauscheleien zu vermeiden, braucht es aber eben klare Regeln für derartige Wechsel. Schon der Anschein, dass politische Entscheidungen aus Regierungszeiten anschließend mit hoch dotierten Tätigkeiten entlohnt werden, untergräbt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Unabhängigkeit der Politik und unser demokratisches System.

Als Grüne Bundestagsfraktion sagen wir seit langem: Die von der neuen Bundesregierung bislang propagierten Selbstverpflichtungen reichen eben nicht aus. Beste Beispiel hierfür ist der anvisierte Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Pofalla: Wie die Kanzlerin ja selbst medial verbreiten ließ, forderte sie ihren Kanzleramtschef und engen Vertrauten selbst dazu auf, zwischen dem Ausscheiden als Chef des Amts und dem Wechsel zur Deutschen Bahn eine gewisse Zeit verstreichen zu lassen. Oder deutlicher: Die Kanzlerin forderte ihren engen Vertrauen auf, sich für eine gewisse Zeit selbst zu verpflichten, den Wechsel nicht zu vollziehen – woran sich Ronald Pofalla jedoch offenbar nicht halten wollte. Einen klareren Beleg dafür, dass Selbstverpflichtungen in diesem Bereich nicht ausreichen, kann es gar nicht geben.

Daher sagen wir als grüne Bundestagsfraktion auch weiterhin klar: Eine gesetzliche Karenzzeitregelung für ausscheidende Regierungsmitglieder sowie Staatssekretärinnen und Staatsekretären ist lange überfällig. Auch im Vorfeld der gestrigen Debatte haben wir erneut, wie bereits in den letzten Legislaturperioden, wieder einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, endlich eine gesetzliche Regelung vorzulegen. Unmittelbare Jobwechsel in Bereiche, die im direkten Zusammenhang mit der früheren dienstlichen Tätigkeit stehen, sollen eingeschränkt und mögliche Interessenverflechtungen von einem unabhängigen Gremien überprüft werden. Liegen diese nicht vor, soll einem sofortigen Wechsel nichts im Wege stehen. Liegen diese vor, soll lediglich eine gewisse Karenzzeit eingehalten werden.

In den letzten Tagen immer wieder gehörte Vergleiche mit „Berufsverboten“ sind für mich nicht ansatzweise nachzuvollziehen. Auch wird hier mitnichten eine „Neiddebatte“ geführt. Vielmehr geht es um die Transparenz unseres politischen Systems und das Vertrauen in unsere Demokratie. All dies habe ich auch im Rahmen meiner gestrigen Rede im Plenum des Bundestages deutlich gemacht. Im Vorfeld der Debatte hatten sich Union, die sich schon lange gegen eine entsprechende gesetzliche Regelung wehrt, aber auch die SPD, die sich bislang immer für eine gesetzliche Regelung einsetzte, darauf verständigt, es dem Kabinett zu überlassen, eine Selbstverpflichtungsregelung vorzulegen. So argumentierte u.a. Hans-Peter Uhl (CSU), seines Zeichens immerhin Justiziar der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, während der gestrigen Debatte, dass eine gesetzliche Regelung in diesem Bereich nicht möglich sei.

Angesichts der von allen Rednerinnen und Rednern der Großen Koalition während der gestrigen Debatte vertretenen Position, dass es keiner gesetzlichen Regelung bedarf, war ich doch sehr verwundert, als heute morgen über die Ticker lief, dass die Bundesregierung nun doch plant, eine ebensolche gesetzliche Regelung vorzulegen. Diese Entscheidung kommt nicht nur einer 180 Grad-Kehrtwendung gleich, mit ihrer Kurswendung düpiert die Bundesregierung zugleich die Koalitionsabgeordneten, die wenige Stunden zuvor noch den Kurs „ihrer“ Bundesregierung im Plenum des Bundestages mit Verve verteidigt hatten. Ob Vorratsdatenspeicherung oder Karenzzeiten – scheinbar hat sich die Große Koalition am Anfang der Legislatur vorgenommen, die Wählerinnen und Wähler, aber auch die eigenen Abgeordneten mit kurzfristigen Kehrtwenden zu überraschen. Bei den Karenzzeiten warten wir nun gespannt, was das Bundeskabinett tatsächlich vorlegen wird. Genauso warten wir weiter mit Spannung auf die endgültige Absage der Großen Koalition zur Vorratsdatenspeicherung – auch sie wäre überfällig.

Das Video meiner Rede während der gestrigen Plenardebatte stelle ich noch ein, sobald dies technisch wieder möglich ist. Solange könnt Ihr die Rede direkt auf den Seiten des Bundestages nachschauen. Wie immer gilt: Über Eure Kritik und Anregungen freuen wir uns.

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