Nach Bekanntwerden der designierten Nachfolge von BSI-Präsident Hange kurz vor Weihnachten haben wir gemeinsam mit vielen anderen scharfe Kritik an der Personalie geübt. Die Benennung von Arne Schönbohm als bisherigem Präsidenten des „Cyber-Sicherheitsrates Deutschland e.V.“ wirft zahlreiche Fragen auf. Unsere Kritik und einige Hintergründe zum bisherigen Vorgehen der Bundesregierung haben wir in einem Blogpost vom 11. Januar zusammengefasst.
In dem Beitrag fragen wir, ob die Bundesregierung angesichts der Kritik und der eigenen Erkenntnis, wen das Bundesinnenministerium da eigentlich auf den Posten des Präsidenten zu setzen plant, doch noch Abstand von der umstrittenen Personalie nimmt. Hinweise, dass es innerhalb der Regierung, sowohl zwischen den einzelnen Ministerien als auch zwischen Bundesinnenministerium und Kanzleramt, noch enormen Abstimmungsbedarf in dieser Frage gibt, mehren sich dieser Tage.
Insgesamt wird man das Gefühl nicht los, dass man sich bislang nicht angemessen mit der Frage auseinandergesetzt hat, wen das – im Bereich der IT-Sicherheit immer wieder höchst fragwürdig agierende – Bundesinnenministerium an die Spitze des Bundesamts setzen will. Anders war das bisherige Vorgehen kaum zu erklären. Die Personalentscheidung hätte das Kabinett längst passieren sollen. Das dies bis heute nicht der Fall ist, ist ein Indiz dafür, dass man die bislang nicht stattgefundenen, aber dringend notwendigen Diskussionen nun offenbar nachholt.
Um etwas mehr Klarheit zu bekommen, hatten wir noch vor Weihnachten beantragt, das Thema zum Gegenstand parlamentarischer Beratungen in der ersten Sitzung des Innenausschusses im kommenden Jahr zu machen und den Bundesinnenminister zu befragen, wie es zu der Personalentscheidung kam.
Nachdem der Innenausschuss in der vergangenen Sitzungswoche ausschließlich über die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln beraten hat, haben wir das Thema für diese Sitzungswoche erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Zusätzlich haben wir einen Bericht der Bundesregierung im Ausschuss „Digitale Agenda“ beantragt. Derzeit erleben wir Versuche, die TOPs erneut von den Tagesordnungen zu nehmen. Auch verweigert man uns von Seiten des Kanzleramts eine Aussage darüber, ob die Personalie Gegenstand der morgigen Beratungen des Bundeskabinetts ist.
Dieses Vorgehen ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Thema am morgigen Mittwochvormittag in mehreren Fachausschüssen des Bundestages aufgerufen wird, aber auch vor dem Hintergrund, dass Arne Schönbohm ursprünglich seine Tätigkeit zum 1. Februar 2015 aufnehmen sollte, mehr als absurd. Wir erwarten von der Bundesregierung auch weiterhin eine Erklärung, wie es zu der höchst fragwürdigen Entscheidung des Bundesinnenministeriums kam, die schon heute zu erheblichen Irritationen, auch unter den Beschäftigten des Bundesamts selbst, führt.
Der Erkenntnisgewinn meiner hierzu bereits am 22. Dezember 2015 an die Bundesregierung gerichteten schriftlichen Fragen, in denen ich Auskunft darüber erbat, welche Kriterien zur Auswahl geführt haben, wann sich das Bundeskabinett mit der Personalie beschäftigen wird und welche Gespräche im Vorfeld der Nominierung stattgefunden haben, ging hart gegen Null. Hier könnt Ihr die Antworten (pdf) nachlesen, über die auch Constanze Kurz nebenan auf netzpolitik.org berichtet hatte.
Die Frage, ob es innerhalb der Bundesregierung Überlegungen gibt, die Personalentscheidung tatsächlich zu vertagen oder gar ganz Abstand von der bisherigen Entscheidung zu nehmen, ist also derzeit weiterhin völlig offen. Nach den morgigen Ausschussberatungen wissen wir hoffentlich mehr.
Das bisherige Vorgehen ist für die Bundesregierung schon heute hochnotpeinlich. Es zeigt insgesamt, dass man noch immer nicht die Dimension der Entscheidung und die Relevanz für die IT-Sicherheit in Deutschland erkannt hat. Letztendlich ist sie der beste Beleg dafür, wie wichtig es ist, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik endlich unabhängig zu stellen, wie dies vor Kurzem bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz geschehen ist.
Auch weiterhin fordern wir die Bundesregierung und das Innenministerium dringend auf, die Personalentscheidung noch einmal zu überdenken. Geschieht dies nicht, könnte allzu leicht der Eindruck entstehen, dass das Amt bewusst geschwächt werden solle. Das wäre angesichts der stark gestiegenen Herausforderungen an den effektiven Schutz digitaler Infrastrukturen ein verheerendes Signal. Gerade in Zeiten einer massiven IT-Vertrauenskrise braucht es ein effektiv arbeitendes, unabhängiges und kompetentes Amt für Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen.
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