Wir sind immer bemüht, über die anstehende Fachgespräche des Ausschusses „Digitale Agenda“ frühzeitig zu berichten. Hier haben wir über die bisher stattgefundenen Fachgespräche im ersten Halbjahr 2015 berichtet und einen Ausblick auf die im 2. Halbjahr 2015 gegeben. Am 30. September 2015 das erste Fachgespräch zur „Digitalisierung der Arbeit“ statt. Hier findet Ihr das Video. Am heutigen Mittwoch findet zunächst eine – wie immer nicht öffentliche – Sitzung des Ausschusses statt, bei der unter anderem die Bundesregierung einen Bericht zur derzeitigen Debatte um die Netzneutralität geben wird (Tagesordnung als pdf). Im Anschluss findet dann das Fachgespräch ab 16:00 Uhr statt.
Fragenkatalog:
Im Vorfeld von Anhörungen erarbeiten die Fraktionen einen Fragenkatalog (pdf), der den Sachverständigen zur Beantwortung übermittelt wird.
Fragenkatalog für das Fachgespräch zum Thema „Digitalisierung der Finanzwirtschaft“ des Ausschusses Digitale Agenda am 11. November 2015:
1) Sog. „Fintechs“ treten immer häufiger im Finanzsektor auf. Gleichwohl stehen hinter Ihnen oftmals klassische Banken. Sind Sie der Meinung, dass sich das Geschäftsmodell der Banken durch die Digitalisierung grundlegend verändert, und wenn ja, wie? Welche disruptiven Entwicklungen erwarten Sie auf Grund der Digitalisierung für diese und in der Finanzbranche? Falls Sie ein disruptives Moment erkennen, bitten wir um eine genauere Erläuterung.
2) Bisher verfolgen Banken und Finanzinstitute die klassischen Geschäftsmodelle und setzen auf die traditionelle Kundenbindung. Die Digitalisierung wird auch zur Internationalisierung der Geschäfte führen. Welche regulativen Veränderungen sind nötig, damit deutsche Banken neue Wege gehen und die Digitalisierung vorantreiben können? Sind Sie der Meinung, dass der Standort Deutschland mit seinen aktuellen Rahmenbedingungen gute Entwicklungsmöglichkeiten für die Digitalisierung des Finanzmarktes bietet? Trägt die Regulierung in Deutschland der schnellen Entwicklung angemessen Rechnung? Gibt es andere Länder, die aus ihrer Sicht aktuell besser dastehen? Wenn ja, warum? Und in welchen Bereichen besteht in Deutschland Nachholbedarf?
3) Vor dem Hintergrund der Bemühungen der Europäischen Kommission der Ausweitung und Vertiefung der sogenannten European Capital Market Union voranzutreiben, wie ist europaweit die Fintech-Branche, ihre Auswirkungen auf die Bankenlandschaft zu beurteilen? Gibt es Anreize für Fintechs, Regulierungsarbitrage vorzunehmen, d.h. aus anderen europäischen Ländern Dienstleistungen in Deutschland im Finanzsektor anzubieten?
4) Welche Erwartungen gibt es seitens der Finanzwirtschaft an die Aufsichtsbehörden?
5) Sehen sie Finanzmarktstabilitätsrisiken, die durch die Digitalisierung der Finanzwirtschaft entstehen können?
6) Mit Paydirekt arbeitet die Deutsche Kreditwirtschaft an einer eigenen Lösung für den digitalen Zahlungsverkehr und will in Konkurrenz zum Marktführer Paypal treten. Können Sie uns über die aktuellen Entwicklungen zu Paydirekt berichten? Wie schätzen Sie nach Ihren Informationen die Chancen für Paydirekt ein, sich als ernstafter Wettbewerber auf dem Markt der Bezahldienste zu etablieren?
7) Die Kundenbeziehung im Finanzbereich stützt sich größtenteils immer noch auf das Vertrauen zu Banken als Anbietern von Finanzdienstleistungen. Eine große Rolle spielen dabei die vielen Bankstandorte vor Ort. Wie sehen Ihre Prognosen für die Filialdichte in der Fläche aus? Welche Veränderungen sind auf Grund der Digitalisierung zu erwarten?
8) Das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Bank und der sensible Bereich der Bankdaten erfordern einen hohen Schutz vor Cyberkriminalität. Was müssen Gesetzgeber, Anbieter und Kunden aus ihrer Sicht tun, damit die Sicherheit trotz zunehmender Digitalisierung der Finanzbranche gewährleistet bleibt? Welche Maßnahmen erachten Sie als besonders sinnvoll?
9) In welchen Bereichen stellen (digitale Finanzunternehmen) FinTechs die größte Konkurrenz für Banken dar und in welchen Bereichen sehen Sie die besten Ergänzungsmöglichkeiten zwischen Banken und FinTechs? (u. a. in den Bereichen Crowdfunding, Roboadvice, Zahlungssysteme, Kryptowährungen)
10) Wie bewerten Sie die Potentiale und die Zukunft von virtuellen Zahlungssystemen einerseits in Hinsicht auf zugrunde liegende Technologien (bspw. Kryptowährungen), andererseits in Hinsicht auf die Möglichkeit, dass große Technologiekonzerne (Google, Apple, Facebook, Amazon etc.) durch entsprechende Zahlungsdienste das Bankgeschäft aufmischen? Der EUGH urteilte kürzlich zur umsatzsteuerlichen Behandlung der digitalen Währung Bitcoin. Können Sie uns Ihre Einschätzung zu diesem Urteil nennen, welche Konsequenzen ergeben sich daraus für digitale Währungen?
11) Wie sind vor dem Hintergrund von digitalen Direktfinanzierungen und Schwarmfinanzierungen der Zugang zu Kapital insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, Sozialunternehmen (Socialentrepreneurship), Genossenschaften und Projekten der solidarischen Ökonomie zu bewerten?
12) Peer-to-Peer-Lending-Plattformen übernehmen zunehmend die Vermittlung von Krediten und operieren damit im klassischen Kerngeschäft der Banken. Wie ist bei diesen Modellen der Verbraucherschutz zu beurteilen, sowohl aus Sicht der Kreditempfänger als auch aus Sicht der Kreditnehmer, zu beurteilen?
13) Ist eine Regulierung dieser Plattformen als Kreditvermittler sachgerecht? Wenn nein: Welcher anderen Regulierung dieser Plattformen bedürfte es, auch aus Verbrauchersicht? Bedarf es ggf. einer Regulierung dieser Plattformen aus Gründen der Finanzstabilität (insb. wegen der Refinanzierung der gewährten Kredite über institutionelle Investoren und Investmentfonds)?
14) Die europäische Zahlungsdiensterichtlinie II wurde vor kurzem verabschiedet und mit der MiF-Verordnung wurden die Interbankenentgelte reguliert. Welchen weiteren europäischen Regulierungsrahmen sehen Sie, wenn wir von einem digitalen Finanzmarkt sprechen, als nötig an? 15) Wie verändert sich die Wertschöpfungskette im Finanzwesen durch die im Rahmen der Digitalisierung möglichen Unternehmensgründungen, die idR den Kontakt zum Endkunden übernehmen und damit das klassische Geschäftsmodell „Bank“ in den Hintergrund drängen? Wo entsteht aus Ihrer Sicht die eigentliche Wertschöpfung?
16) Welche Rolle werden zukünftig digitale Plattformen spielen, die zusätzlich zum vorhandenen Angebot auch Dienstleistungen digitaler Finanzunternehmen anbieten könnten (z.B. einfachere Überweisungen)?
17) Wie könnte aus ihrer Sicht eine optimale Verzahnung zwischen dem althergebrachten Modell der Banken und der innovativen „FinTech-Branche“ in Deutschland erreicht werden? Gibt es einen Standort in Deutschland, in dem sich „FinTech“-Unternehmen ganz besonders dynamisch entwickeln?
18)Welche Beschäftigungseffekte sind durch den Einsatz von Algorithmen und standardisierten Anlageberater (Anlageroboter) im Finanzsektor künftig zu erwarten? Welche Gruppen von Beschäftigten im Bankensektor sind durch Jobverlust infolge der Digitalisierung und Robotisierung besonders bedroht?
Eingegangene Stellungnahmen:
Im Vorfeld der Anhörung wurden die geladenen Sachverständigen gebeten, schriftliche Stellungnahmen abzugeben. An dieser Stelle dokumentieren wir die bisher eingegangenen Stellungnahmen.
- Stellungnahme des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. (PDF | 906 KB)
- Stellungnahme Dirk Elsner – Unternehmensberater INNOVECS GmbH(PDF | 390 KB)
- Stellungnahme Karsten Wenzlaff – Institut für Kommunikation in sozialen Medien (PDF | 748 KB)
- Stellungnahme Georg Fahrenschon – Deutscher Sparkassen- und Giroverband (PDF | 173 KB)
- Stellungnahme Stephan Czajkowski – Fidor Bank (PDF | 819 KB)
Stream und Anmeldung:
Die Fachgespräche werden auf www.bundestag.de gestreamt. Die Videos der Anhörungen stellen wir nachträglich auch immer bei gruen-digital ein.
Nächste Fachgespräche:
Das nächste Fachgespräch findet am 16. Dezember 2015 zu „Effektivierung der Kontrolle des Exports von Überwachungs- & Spionagesoftware auf deutscher und europäischer Ebene und öffentliche Auftragsvergabe“ statt. Interessierte können sich im Vorfeld per Mail an das Sekretariat anmelden.
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