www.gruen-digital.de hat Jeanette Hofmann, der von uns Grünen in die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ berufenen Sachverständigen, ein paar Fragen bezüglich ihrer Erwartungen an die Arbeit der Kommission gestellt.

Was sind deine Erwartungen an die Enquete-Kommission?
Dass sie einen kollektiven Lernprozess in Gang setzt. Meine Hoffnung besteht darin, dass die parteipolitischen Kalküle im Laufe der Zusammenarbeit in den Hintergrund treten und wir eine eigenständige, handlungsorientierte Perspektive auf die Chancen, Problemen und Dilemmata der digitalen Gesellschaft entwickeln können.

Wo siehst du die größten Hemmnisse für eine erfolgreiche Arbeit der Kommission?
Die Kommission ist groß und alle Mitglieder haben einen vollen Kalender. Es wird schwer sein, ausreichend Zeit zu finden, um konzeptionelle Brücken zu bauen zwischen den verschiedenen Sichtweisen und Erfahrungen.

Wo siehst du deine Themenschwerpunkte?
Es gibt deren zwei: Urheberrecht und internationale Regulierung des Internet. Beim zweiten Bereich geht es auch um Regulierungsverfahren, etwa Multi-Stakeholderansätze.

Die Enquete-Kommission ist für mich ein Erfolg, wenn…
sie es hinbekommt, Problemlagen und Handlungsoptionen angemessen zu beschreiben.
Eine wesentliche Aufgabe der Enquete-Kommission sehe ich tatsächlich darin, das Schlagwort digitale Gesellschaft systematisch zu erörtern, so dass gesellschaftliche, wirtschaftliche und staatliche Handlungsanforderungen erkennbar werden. Dabei geht es um ein Ineinandergreifen gesellschaftlicher, technischer und gesetzlicher Normen auf der nationalen wie auch der internationalen Ebene.
Hier ein plakatives Beispiel: Es ist eine Illusion anzunehmen, dass sich ein gesellschaftlich wünschenswerter Umgang mit urheberrechtlich geschützten Informationsgütern allein von oben durch Gesetz und Strafverfolgung durchsetzen lässt. Normen bedürfen der gesellschaftlichen Akzeptanz, um zu wirken.

Die Enquete-Kommission sollte die verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen aufzeigen, die zusammenwirken müssen, um zu gemeinwohlorientierten Lösungen in der Ausgestaltung der digitalen Gesellschaft zu gelangen. Wenn ihr das für einen Teil der Bereiche gelingt, die im Einsetzungsbeschluss der Enquete-Kommission benannt sind, dass betrachte ich sie als Erfolg.

Die Enquete-Kommission ist für mich ein Misserfolg, wenn…
sie die bekannten Positionen zu den bekannten Streitfragen lediglich wiederholt.

Auf der anderen Seite sollten wir auch nicht zu anspruchsvoll sein. Ein Problem im Bereich Informationsgesellschaft sehe ich darin, dass die Diskussionen sehr stark ideologisch geprägt sind. Natürlich wollen Kreative ein Einkommen erzielen; und natürlich wollen die Menschen Zugang zu Kulturgütern zu Bedingungen, die nicht nur erschwinglich sind, sondern auch nicht zurückfallen hinter die Rechte und Freiheiten, die sie unter analogen Bedingungen hatten.
Wir haben diese Positionen nun rund 10 Jahre lang mit wachsender Verve ausgetauscht. Es wäre aus meiner Sicht schon ein großer Fortschritt, wenn wir uns auf Problembeschreibungen und LÖsungskriterien einigen könnten, die helfen, diese verfestigten Positionen aufzuweichen und möglicherweise sogar zu überwinden.

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