Für die Grüne Bundestagsfraktion hat heute Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, heute eine aktuelle Stunde mit dem Titel „Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes für die US-amerikanische NSA und die Rolle des Bundeskanzleramtes“ beantragt.
Fast täglich werden neue Enthüllungen über die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit der US-amerikanischen National Security Agency (NSA) in den Medien veröffentlicht. Ebenso verdichten sich durch die Arbeit des von der Opposition angestoßenen Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Geheimdienstaffäre die Verdachtsmomente. Der im Raum stehende Vorwurf, dass der bundesdeutsche Bundesnachrichtendienst über einen Zeitraum von zehn Jahren mit Wissen und Billigung des Bundeskanzleramtes eine weitreichende Kooperation mit der US-amerikanischen NSA pflegte, dessen Inhalt auch Spionage gegen deutsche Unternehmen, europäische Unternehmen sowie europäische Politiker war, ist ungeheuerlich.
So wird berichtet, mehrere Mitarbeiter des BND hätten bereits 2008 sowie 2013 im Gefolge der Snowden-Veröffentlichungen davon Kenntnis gehabt, dass die seit 2003 mit ihnen in konkreten Projekten kooperierende NSA regelmäßig und in größeren Mengen fragwürdige sogenannte Selektoren für Suchabfragen an den BND übergab. Mit diesen Suchbegriffen werden bei sogenannten strategischen Rasterfahndungen auf den Übertragungswegen von Satelliten und Glasfaserstrecken anlasslos und unterschiedslos sämtliche Datenflüsse durchsucht und abgeglichen. Es wird berichtet, bei Nachforschungen 2013 habe der BND auf Anhieb 2000 aktive Selektoren in seinen Datenbanken gefunden, welche gegen deutsche beziehungsweise europäische Interessen verstoßen.
Im Klartext geht es um den Vorwurf strafbarer Spionage und Wirtschaftsspionage durch die NSA, unter Beihilfe des BND. Zudem wird berichtet, dass das Bundeskanzleramt sei bereits 2008, spätestens 2010 durch den BND informiert worden sei. Jetzt muss sich Bundeskanzlerin Merkel persönlich zu Vorwürfen und der unklaren Rolle des Kanzleramtes als Fachaufsicht des BND erklären.
Wir fordern die sofortige Herausgabe der Listen mit den 40.000 Merkmalen sowie der Liste mit den 2000 Merkmalen, welche der Bundesregierung vorliegen. Der Bundestag muss jetzt wissen, welchen Inhalte die verwendeten sowie die aussortierten Begriffe sind. Das von der Bundesregierung geltend gemachte Argument, es bedürfe wegen der Betroffenheit des Partnerdienstes NSA und der rechtlichen Grundlage eines Memorandum of Agreement einer vorgehenden Konsultation mit US-Behörden, weisen wir entschieden zurück. Der im Raum stehende Vorwurf der Spionage verstößt grundlegend gegen jegliche Form der Kooperation und Geist des Abkommens. Notfalls werden wir auch hier vor Gericht ziehen.
Ferner fordern wir umgehend die Vervollständigung der Akten, die zum Hergang im BND sowie im Kanzleramt vorliegen müssen. Die Funde der kritischen US-Selektoren müssen maximale Relevanz für alle Verantwortlichen gehabt haben. Dass darüber keine Akten angelegt wurden, erscheint nicht nur wenig glaubwürdig, es wäre vor dem Hintergrund des verwaltungsrechtlichen Gebotes Aktenwahrheit und der Aktenvollständigkeit auch nicht nachvollziehbar.
In den kommenden Sitzungen des Untersuchungsausschusses werden wir alles daran setzen, nicht nur zu erfahren, wer oder was auf den Listen der NSA beziehungsweise des BND auftauchte, sondern auch, welche Ergebnisse dieses fragwürdige System für die Beteiligten erbrachte, in welchem Umfang der Bundesnachrichtendienst an den Ergebnissen auch der US-Selektoren partizipierte und vor allem auch, wo überall, also an welchen Abgriffspunkten des BND diese US-Selektoren eingespeist wurden.
Es braucht rückhaltlose Aufklärung und klare strukturelle Konsequenzen für die Geheimdienste und deren Kontrolle. Auch die persönlichen Verantwortlichkeiten müssen nun geklärt werden.
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