In unregelmäßigen Abständen berichten wir in unserer Rubrik “Aus den Ländern” über verschiedene Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen- und Netzpolitik in den Bundesländern. Ebenso schreiben ab und an VertreterInnen aus den Ländern über aktuelle Initiativen. An dieser Stelle crossposten wir einen Beitrag von Miro Jennerjahn, seines Zeichens netzpolitischer Sprtecher der grünen Fraktion im Landtag von Sachsen, in dem er über einen aktuellen Antrag, den die Grünen im Landtag von Sachsen zum weiteren Vorgehen in Sachen Jugendmedienschutzstaatsvertrags gestellt haben, berichtet.

Jugendmedienschutz braucht Augenmaß
Statt einseitig auf Verbote und technische Filter zu setzen, muss die Medienkompetenz junger Menschen gestärkt werdenDresden. Die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) scheiterte Ende 2010 am Widerstand des nordrhein-westfälischen Landtags. Nun ist die sächsische Staatsregierung für den neuen Vertragsentwurf verantwortlich.

Da wird der Bock zum Gärtner gemacht. Bevor Sachsens Staatskanzlei-Chef Johannes Beermann den Vertrag erneut in den Sand setzt, sollte der Landtag ihm die Richtung weisen. Darum bringt meine Fraktion dazu einen Antrag in den Landtag ein, bevor der neue Staatsvertrag die alten Fehler wiederholt und ebenfalls scheitert.

Der Chef der Sächsischen Staatskanzlei, Dr. Johannes Beermann, hatte am 14.12.2010 anlässlich der Ratifizierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags im Sächsischen Landtag erklärt: „Den Medienschutzstaatsvertrag in seinem Lauf […] halten weder Ochs noch Esel auf.“

Beim Entwurf des Jahres 2010 hat es den Machern des Vertragswerks an Verständnis für die technische und soziale Realität im Internet gefehlt. Die Länderparlamente wurden zudem viel zu spät in den Entscheidungsprozess eingebunden. Wir fordern daher von der Staatsregierung, das Verfahren transparent zu gestalten und den Sächsischen Landtag frühzeitig und regelmäßig über die Inhalte des Entwurfs in Kenntnis zu setzen.

Kinder- und Jugendschutz ist uns ein wichtiges Anliegen – auch im Internet. Aber auch Jugendmedienschutz braucht Augenmaß. Verbote und technischen Filter sind kein Allheilmittel. Die Erhöhung der Medienkompetenz junger Menschen sollte das wichtigste Ziel werden. Kinder und Jugendliche müssen lernen, sich verantwortungsvoll im Netz zu bewegen und mit neuartigen Gefährdungen wie Cyber Mobbing und Datenkraken umzugehen. Junge Menschen und die für sie Verantwortlichen bei diesem Lernprozess zu unterstützen, sollte darum ein zentraler Bestandteil des neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrages sein.

Besonders eine Verpflichtung für Webseitenbetreiber, ihre Angebote mit automatisiert auslesbaren Alterskennzeichnungen zu versehen, birgt erhebliche Gefahren für ein freiheitliches Internet. Damit würde man eine Filter-Infrastruktur schaffen, die auch über den Jugendschutz hinaus die Zensur des Internets ermöglicht und entsprechende Begehrlichkeiten weckt. Ein derart schwerwiegender Eingriff in die Infrastruktur des Netzes kann nicht im Sinne eines vernünftigen Jugendmedienschutzes sein.“

Nationale Insellösungen in einem globalen Medium führen ohnehin nicht zum gewünschten Erfolg. Gerade Jugendliche sind immer mehr in sozialen Netzwerken unterwegs. Filter und Verbote funktionieren dort nicht und sind auch nicht sinnvoll.

Hier findet Ihr den grünen Antrag „Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – Verfahren transparent gestalten und wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutz entwickeln“ (Drs 5/11856, pdf).

Hintergrund:
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) bestimmt als Staatsvertrag zwischen allen deutschen Bundesländern Vorschriften für Anbieter von Rundfunk- und Telemedieninhalten zur Gewährleistung des Kinder- und Jugendschutzes.

Die letzte Novelle des JMStV wurde in der Öffentlichkeit stark kritisiert und scheiterte am 16.12.2010, weil der nordrhein-westfälische Landtag geschlossen gegen seine Ratifizierung stimmte. Die Kritik der Öffentlichkeit richtete sich vor allem gegen die Vorgabe für alle deutschen Anbieter von Internetinhalten, ihre Angebote mit automatisch auslesbaren Alterskennzeichnungen zu versehen, um so die Anwendbarkeit technischer Filterprogramme auf privaten und öffentlichen Rechnern zu ermöglichen.

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