Der Ausschuss Digitale Agenda veranstaltet regelmäßig öffentliche Fachgespräche. Das nächste Fachgespräch wird heute stattfinden. An dieser Stelle fasst Dieter Janecek, Obmann der Grünen im Ausschuss, die wichtigsten Infos vorab zusammen.

Am heutigen Mittwoch den 10. April findet ab 16:00 Uhr im Raum E.300 des Paul-Löbe-Hauses im Rahmen der 32. Sitzung des Ausschusses Digitale Agenda eine öffentliche Anhörung zum Thema „Resilienz von Demokratien im digitalen Zeitalter im Kontext der Europawahl“ statt.

Hintergrund und Gegenstand der Anhörung:

Vor allem im Zusammenhang mit der Wahl von Donald Trump und der Volksabstimmung zum BREXIT ist deutlich geworden, wie intensiv insbesondere durch Onlinekampagnen weltweit versucht wird, Meinungsbildung und Wahlen zu beeinflussen. Hierauf haben wir als Grüne Bundestagsfraktion immer und immer wieder hingewiesen. Die Bundesregierung haben wir aufgefordert, sich auch angemessen mit der Problematik zu beschäftigen und eigene Strategien zu entwickeln. Das hat sie leider bis heute nicht.

Dabei wissen wir spätestens seit der Studie „The Battle for Bavaria“ des Institute for Strategic Dialogue, wie planvoll, koordiniert und international inzwischen vorgegangen wird, um selbst Landtagswahlen über komplexe Desinformationskampagnen zu manipulieren. Eben diese Studie hat auch gezeigt, dass es hier nicht nur um viel zitierte russische Trollfabriken geht, sondern auch rechtsextreme Gruppen massiv und strategisch die sozialen Netzwerke mit irreführenden Statistiken, deskreditierenden Memes, gefälschten Zitaten und Plakaten etc. bespielen.

Zu befürchte steht, dass die Feinde eines offenen und demokratischen Europas auch bei der Europawahl wieder alles auffahren werden, was wir aus vorherigen Kampagnen schon kennen. In dieser Erwartung hatte die EU-Kommission bereits im Dezember 2018 einen Aktionsplan gegen Desinformation beschlossen. Die demokratischen Fraktionen im Bundestag wollen sich durch diese Anhörung nun ein aktuelles, differenziertes Bild machen, wie die Situation zur anstehenden Wahl aus Sicht von Sachverständigen zu bewerten ist.  

Zwar wissen wir durch verschiedene Untersuchungen, dass tatsächliche Wahlentscheidungen nicht pauschal zurückgeführt werden können auf besonders viel Kontakt zu Falschinformationen oder enge Filterblasen. Das ist aber keineswegs eine Entwarnung. Vielmehr ist die Wirkung offensichtlich subtiler und indirekt. Es gelingt solchen Kampagnen immer wieder, die Aufmerksamkeit der Wähler und Leitmedien zu lenken, Themen hochzuspielen, und dabei Behauptungen alternativ zu etablierten Einschätzungen und Fakten in den öffentlichen Raum zu stellen.     

Der Aktionsplan gegen Desinformation der EU mit seinem Verhaltenskodex ist hier zwar ein erster Ansatz zumindest gegen die offensichtlichsten Fakenews. Es wird aber bei solchen rein freiwilligen Maßnahmen aus unserer Sicht letztlich darauf ankommen, wie ambitioniert und effektiv die Plattformen hier, in der Regel ja gegen ihre eigenen finanziellen Interessen (Verlust von Werbeeinnahmen etc.), tatsächlich vorgehen. Auch die Frage, ob die bisherigen Maßnahmen der EU hinreichend sind, werden wir im Zuge des heutigen Fachgesprächs bewerten.

Liste der von den Fraktionen benannten Sachverständigen:

  • Prof. Dr. Simon Hegelich, Hochschule für Politik München
  • Prof. Dr. Martin Emmer, Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft
  • Lisa-Maria Neudert, Oxford Internet Institute
  • Dr. Sandro Gaycken, Direktor des Digital Society Institute, ESMT Berlin
  • Karolin Schwarz, Freie Journalistin
  • Alexander Sängerlaub, Stiftung Neue Verantwortung e.V.

Die AfD-Fraktion hat darauf verzichtet eine:n Sachverständige:n zu benennen.

Schriftliche Stellungnahmen:

Im Vorfeld der Anhörung haben die Fraktionen einen Fragenkatalog erarbeitet. Für die Sachverständigen bestand die Möglichkeit, Stellungnahmen einzureichen. Die Stellungnahmen sind auf den Seiten des Ausschusses zu finden.

Stream:

Die Anhörung wird live auf den Seiten des Bundestags gestreamt. Auf die Videoaufzeichnung werden wir an dieser Stelle nach der Anhörung noch einmal hinweisen.

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