Zum Ende einer Legislaturperiode häufen sich üblicherweise die parlamentarischen Initiativen. Doch was die Große Koalition in dieser Sitzungswoche alles auf den heutigen Plenardonnerstag zu legen gedachte, sprengte nicht nur die Gesetze von Zeit und Raum (die 27-Stunden-Sitzung hätte theoretisch bis Freitagmittag und damit weit bis in den nächsten Sitzungstag gereicht, von Bonn als Ausweichort wurde schon gewitzelt), sondern enthielt - auffällig unauffällig in tiefer Nacht verstreut - gleich mehrere ebenso komplexe wie gravierende Gesetzesänderungen.
In der Parlamentarischen Sommerpause beschäftigten uns vor allem zwei Themen: Die Affäre um den sogenannten „Landesverrat“ und die Frage, ob es bestimmte Bereiche in demokratischen Rechtsstaaten geben darf, die sich der parlamentarischen Kontrolle und öffentlichen Diskussion komplett entziehen. Die erste parlamentarische Sitzungswoche nach der Sommerpause, eine Haushaltswoche, ist bereits in vollem Gange. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Überwachungs- und Geheimdienstaffäre tagt in dieser Woche gleich zweimal, am heutigen Donnerstag und am morgigen Freitag. An dieser Stelle gibt Konstantin einen kurzen Überblick über die wichtigsten Zeugen, Themen und weitere Planungen.
Im Nachklapp der vergangenen Sitzung musste der Bundesnachrichtendienst (BND) eingestehen, dem Ausschuss rund 130 relevante Dokumente vorenthalten zu haben. Dies räumte der BND gegenüber dem Kanzleramt ein, nachdem während der letzten Sitzung der Eindruck entstand, dass sich der Zeuge auf Akten bezog, die dem Ausschuss noch gar nicht vorlagen. Spiegel Online berichtete über den Vorgang. Der BND spricht von einem Versehen und wird im Vorfeld der heutigen Sitzung dieses Versehen gegenüber Abgeordneten und Ausschuss erklären müssen. Im Zuge der Sitzung am heutigen Donnerstag wird diesmal nur ein BND-Zeuge aus den Reihen des Bundesnachrichtendienstes (BND) angehört. Thematisch befassen wir uns diese Woche im Wesentlichen mit der Operation EIKONAL, aber auch mit der Operation GLO.
Schon gestern haen wir uns an dieser Stelle mit der Daten-Kooperation verschiedener bundesdeutscher Geheimdienste mit dem amerikanischen CIA geäußert und Aufklärung angemahnt. Derzeit besteht der dringende Verdacht, dass das Ausmaß der Ignoranz auch bundesdeutscher Geheimdienste gegenüber den ihnen auferlegten rechtlichen Bindungen viel größer ist als bislang angenommen. Hier bedarf es dringend der Aufklärung und parlamentarischen Aufarbeitung. Wir haben deshalb zur fragwürdigen Kooperation zunächst umgehend 50 Fragen an die Bundesregierung gerichtet. Die Zweifel, ob die Aufklärung von der Bundesregierung in angemessener Art und Weise unterstützt wird, ist nach den letzten Wochen groß. Sollte die Bundesregierung die dringend benötigte Aufklärung weiterhin boykottieren, scheint ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss unausweichlich.
Der Ausspähskandal beschäftigt uns seit Monaten. Die Bundesregierung hat stets vernebelt und so getan, als sei sie in keinster Weise involviert. Die nötige Aufklärung hat sie boykottiert. Nun wird zunehmend klarer, warum: Deutsche und amerikanischen Geheimdiensten kooperieren eng. Das bekannt gewordenen Programm ist dafür nur ein Beleg. Die gezielt betriebene Ausschaltung des Bundesbeauftragten bei der ihm nach Gesetz zugewiesenen Kontrollaufgabe ist skandalös. Ein Innen- und Verfassungsminister, der so etwas duldet bzw. durchwinkt, ist überflüssig.
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