Dieser Post fasst Grüne Initiativen der letzten Monate zusammen, mit denen wir Druck auf die europäischen Regierungen und die EU-Kommission aufgebaut haben – und analysiert zugleich die Untätigkeit der deutschen Bundesregierung. Seit im Juni die ersten Enthüllungen von Edward Snowden über die Massenüberwachung durch die amerikanische National Security Agency (NSA) veröffentlicht wurden, haben die Grünen im Europäischen Parlament darauf gedrängt, dass ernsthafte Konsequenzen gezogen werden. Auf Grünen Impuls hat das Europäische Parlament jetzt gefordert, das SWIFT-Abkommen zur Übersendung von Bankdaten an amerikanische Behörden auszusetzen.
Die grüne Bundestagsfraktion hat heute beim Präsidenten des Deutschen Bundestags beantragt, das Parlament zeitnah zu einer Sondersitzung einzuberufen. Anlässlich der jüngsten Berichterstattung über das Ausmaß der Überwachung durch US-amerikanische Geheimdienste bis hin zu einer Überwachung der Bundeskanzlerin halten wir es für unerlässlich, dass der Deutsche Bundestag als unmittelbare Vertretung des deutschen Volkes über die Erkenntnisse und das weitere Vorgehen der Bundesregierung rechtzeitig informiert wird und seinerseits als Verfassungsorgan in die Lage versetzt wird, auf die Situation zu reagieren.
Die Debatte um den NSA-Skandal, der durch die neue Erkenntnis, dass offenbar auch das Handy von Bundeskanzlerin Merkel durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA abgehört wurde, gerade wieder in aller Munde ist, dauert nunmehr seit 5 Monaten an. Angela Merkel, ihr für die Geheimdienstkontrolle zuständiger Kanzleramtsminister Pofalla und ein ganz offensichtlich überforderter Innenminister Friedrich haben der Erosion unseres Rechtsstaates bisher weitestgehend tatenlos zugesehen. Jetzt, wo die Kanzlerin selbst betroffen ist, wird plötzlich gehandelt. Die Kanzlerin muss die neuerlichen Erkenntnisse zum Anlass nehmen, endlich tatsächliche Konsequenzen zu ziehen. Tut sie dies auch weiterhin nicht, scheint eine parlamentarische Aufklärung immer wahrscheinlicher.
Als Part des Transeuropa Forum und im Rahmen des Transeuropafestival 2013 findet am Samstag, den 26. Oktober 2013, um 19 Uhr in den Räumen der Böll Stiftung in Berlin (Schumanstr. 8) die unConference und ein netzpolitischer Talk zum Thema "Bürgerbewegungen in Zeiten der Internet-Überwachung" (Enacting citizenship in times of internet surveillance) statt. Als Gäste zugesagt haben u.a.: Prof. Engin Isin (Open University), Jérémie Zimmermann (La Quadrature du Net), Diani Barreto (Free Chelsea Manning), Andreas Lehner (Digitale Gesellschaft e.V.) Vor dem Gespräch wird ein Barcamp mit politischen Aktivisten aus ganz Europa stattfinden. Der Eintritt ist frei.
Am heutigen Montagabend findet im Europäischen Parlament die erste wichtige Abstimmung über die Zukunft des Datenschutzes in Europa statt. Die grob rechtsstaats- und menschenrechtswidrige Überwachungspraxis von Geheimdiensten und die Mitwirkung der Internetindustrie weltweit haben das Vertrauen in die freiheitliche Nutzung des Internets schwer beschädigt. Denn die freie Entfaltung der Persönlichkeit braucht Privatheit. Das gilt für das Verhältnis Bürger-Staat wie auch das Verhältnis Unternehmen-Verbraucher gleichermaßen.
Die Enthüllungen durch Edward Snowden sind eine Zäsur in der Geschichte der westlichen Demokratien. Täglich erreichen uns neue Hiobsbotschaften. Heute wissen wir: Die Praktiken der Geheimdienste sind mit grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu vereinbaren. Zu den ersten, die öffentlich gegen den Unwillen der Bundesregierung, endlich die nötigen Konsequenzen aus dem derzeitigen Skandal zu ziehen, protestierten und tatsächliche Handlungen einforderten, gehörte ein Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus dem Hamburger Raum. Sie waren es, die als erstes gegen den Überwachungsskandal auf die Straße gingen. Mit zahlreichen anderen Rechtsanwälten unterstützt Konstantin die "Hamburger Erklärung" - und fordert zu deren Verbreitung und Mitzeichnung auf.
Seit kurzem scheint Gewissheit was monatelang nur vermutet wurde: Die Bundesregierung erlaubt dem deutschen Auslandsgeheimdienst, dem Bundesnachrichtendienst (BND), Datenströme von 25 deutschen Providern direkt am Internetknoten De-Cix in Frankfurt auszulesen und zu rastern. Das zentrale Problem der millionenfachen Rasterung durch den für das Ausland zuständigen Geheimdienst ist die mutmaßliche Erstreckung der Überwachung auf den Inlandsverkehr der Bundesbürger. Dies wäre ein millionenfacher Grundrechtseingriff.
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