Die Anschläge in Norwegen machen uns tief betroffen. Unser Mitgefühl gehört den Angehörigen der Opfer, wir stehen solidarisch an der Seite der Norwegerinnen und Norweger.
Vor dem Hintergrund der entsetzlichen Taten eines Mannes, der offenbar als Einzeltäter aufgrund seines verirrten, christlich-fundamentalistischen, anti-muslimischen Weltbild handelte, sollten die Bürgerinnen und Bürger eine ernsthafte, problembezogene Auseinandersetzung der Politik erwarten dürfen, denn die Diskussion um die Vermeidbarkeit solcher Taten ist richtig und wichtig. Für eine solche seriöse Sicherheitsdiskussion gilt es die Ereignisse von Norwegen exakt zu analysieren und hieraus gegebenenfalls Rückschlüsse zu ziehen.
Unseriös und zynisch ist es aber, wenn jetzt Unionspolitiker wie der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl reflexartig nach der Vorratsdatenspeicherung rufen. Gänzlich unklar bleibt dabei, was die Vorratsdatenspeicherung im Fall der Ereignisse von Norwegen hätte helfen sollen. Die Tat konnte offensichtlich ohne Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt werden. Sie hätte im Vorfeld durch eine Vorratsdatenspeicherung nicht verhindert werden können.
Wenn Hans-Peter Uhl in diesem Zusammenhang zugleich fordert: „Im Vorfeld muss die Überwachung von Internetverkehr und Telefongesprächen möglich sein. Nur wenn die Ermittler die Kommunikation bei der Planung von Anschlägen verfolgen können, können sie solche Taten vereiteln und schützen.“, dann fordert er den Präventivstaat, der – bei einem Generalverdacht gegen jeden alle überwacht.
Dies ist ein Paradebeispiel für das verfehlte Innenpolitikverständnis vieler Unionspolitiker. Statt nach den schrecklichen Anschlägen in Oslo ernsthaft, ruhig und seriös das Geschehene zu analysieren, um Rückschlüsse für taugliche Reaktionen zu ziehen, bezieht man bei CDU/CSU schnellstmöglich populistisch Stellung im Rahmen der eigenen innenpolitischen Agenda und um koalitionsintern weiter Druck aufzubauen.
Wir Grüne bleiben dabei: Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist mit einer den Bürger- und Grundrechten verpflichteten Politik nicht zu vereinbaren – egal wie lange Verkehrsdaten gespeichert werden sollen. Es ist nicht hinnehmbar, dass alle Bundesbürger unter einen Generalverdacht gestellt werden.
Anmerkung:
Bezüglich der Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Norwegen gibt es derzeit viele widersprüchliche Äußerungen. Zur Aufklärung: Norwegen ist kein Mitglied der EU und muss daher Richtlinien nicht automatisch umsetzen. Jedoch ist es – wie Island und Liechtenstein – Mitglied im europäischen Wirtschaftsraum. In diesem Rahmen setzt es viele Richtlinien, also v.a. die für den gemeinsamen Binnenmarkt relevanten, in nationales Recht um. Die Vorratsdatenspeicherung wurde vom Parlament im April diesen Jahres beschlossen und soll dann 2012 eingeführt werden. Zuvor gab es einen langen Streit in Parlament und Zivilgesellschaft um die Implementierung der Vorratsdatenspeicherung. Auch gründete sich eine Initiative – ähnlich des deutschen Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung – die fast 25.000 Unterschriften (bei nicht ganz 5 Mio. Einwohnern) gegen die Implementierung der EU-Richtlinie sammelte. Norwegen ist nicht verpflichtet Richtlinien umzusetzen, sondern kann sich bei einzelnen Richtlinien immer auch gegen eine Umsetzung in nationales Recht entscheiden.
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