Eine netzpolitisch hochspannende Woche geht langsam zu Ende. Während heute in den Landtagen über den Jugendmedienschutzstaats-Vertrag debattiert wurde, wird auch der Bundestag über zwei netzpolitische Themen diskutieren: Gegen 17:15 Uhr steht die abschließende Beratung über den grünen Antrag „Keine Vorratsdatenspeicherung über den Umweg Europa“ auf der Tagesordnung. Gegen 19:15 Uhr debattiert der Bundestag dann über den interfraktionellen Antrag zum 22. Tätigkeitsbericht von Peter Schaar. Gerade die zeitliche Nähe der Debatten über beide Anträge lässt auf spannende Debatten hoffen.
Grüner Antrag zur Vorratsdatenspeicherung:
Wir sind nach wie vor der Meinung: Die verpflichtende anlasslose, massenhafte Speicherung individueller Daten ist ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre aller Bürgerinnen und Bürger. Vorratsdatenspeicherungen stellen Bürgerinnen und Bürger unter einen unzulässigen Generalverdacht. Zudem bergen sie große Risiken des Datenmissbrauchs. Daher haben wir unmittelbar nach dem Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts unseren Antrag „Keine Vorratsdatenspeicherung über den Umweg Europa“ gestellt. Der Antrag ist eine so genannte Art. 23 GG – Stellungnahme. Anlässlich der heutigen Debatte spricht sich auch der deutsche Anwaltsverein erneut gegen die Vorratsdatenspeicherung aus und fordert die Evaluierung der Richtlinie.
In dem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, sämtlichen europäischen Vorhaben, die Vorratsdatenspeicherungen vorsehen, mit Hinweis auf den Richterspruch aus Karlsruhe eine klare Absage zu erteilen und sich für eine vollständige Aufhebung der betreffenden Richtlinie einzusetzen.
Wir warnen die Bundesregierung weiterhin – auch und gerade mit Hinweis auf die ergebnisoffene und gerade nochmals verschobene Evaluierung auf europäischer Ebene – vor gesetzgeberischen Schnellschüssen. Stattdessen fordern wie vor allem die Konservativen dazu auf, sich endlich an den derzeit geführten Diskussionen zu beteiligen und sich ebenfalls grundlegende Gedanken darüber zu machen, wie eine möglichst effektive Strafverfolgung mit den hohen verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG unter einen Hut zu bringen ist.
Zur deutschen und europäischen Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung sowie den Verlauf der parlamentarischen Beratung unseres Antrags haben wir hier ausführlich gebloggt. All diejenigen, die sich im Neusprech-Dschungel zwischen „Quick freeze plus“ und „Vorratsdatenspeicherung light“ nicht mehr zurecht finden, bieten wir hier etwas Orientierung.
Interfraktioneller Antrag zum Tätigkeitsbericht von Peter Schaar
Der Innenausschuss des Bundestags hat gerade einen fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag zum 22. Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten verabschiedet.
In dem Antrag haben – und das ist wirklich bemerkenswert – alle Fraktionen ihre Besorgnis gegenüber einer besonderen Gefährdung des Rechts auf informationellen Selbstbestimmung geäußert. So beobachten die Mitglieder des Innenausschuss mit Sorge ein „unaufhörliches Anwachsen von Datenbeständen“, welches es den Bürgerinnen und Bürgern immer schwerer mache, ihr Selbstbestimmungsrecht auszuüben. Daher, hier waren sich alle Fraktionen einig, sei eine Stärkung der Rechte der Betroffenen „dringend geboten“. In dem Antrag wird eine „enge Zweckbindung“ der Datenverarbeitung gefordert und auf die Vorschläge der Datenschutzbeauftragten in ihrem Eckpunktepapier zur Modernisierung des Datenschutzes verwiesen.
In dem gemeinsamen Antrag werden zahlreiche andere datenschutzrechtliche Vorhaben thematisiert, u.a. die „Stiftung Datenschutz“, die Novellierung der allgemeinen EU-Datenschutzrichtlinie, ein transatlantisches Datenschutzabkommen und der Zensus 2011. Einen ausführlichen Bericht über den Inhalt des Antrags findet sich bei heise online.
Die Debatten im Bundestag könnt ihr unter www.bundestag.de live verfolgen.
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