In den letzten Tagen gab es erneut Wirbel um das SWIFT-Abkommen. Hintergrund war der von der Gemeinsamen Kontrollinstanz von EUROPOL vorgelegten Prüfbericht zum Datenabkommen. Um es kurz zu machen: Die Ergebnisse des Prüfberichts – soweit sie überhaupt öffentlich wurden – sind niederschmetternd. Die Konsequenz kann nur die umgehende Aufkündigung des bestehenden Abkommens sein.

Der Bericht bestätigt die Befürchtungen zahlreicher Experten. Heite ist klar: Das SWIFT-Abkommen schützt nicht die Bürgerinnen und Bürger, sondern die an den Finanzdaten interessierten Sicherheitsbehörden. Und: mit EUROPOL als Aufsicht wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Eine unabhängige Kontrolle der US-Anfragen ist nicht gewährleistet. Der Text des Abkommens bleibt so unklar, dass eine rechtliche Bindung der EURO-Polizisten von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Die Gewährleistung unabhängiger Datenschutzaufsicht ist in Europa und Deutschland jedoch Verfassungsgebot. Die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung steht auf dem Spiel: Sie hat sich für das Abkommen unter Verweis auf Datenschutzgarantien immer wieder stark gemacht. Sie sollte jetzt den Mut aufbringen, die Konsequenzen zu ziehen. Innenminister Friedrich darf der Umgang Brüssels mit den Finanzdaten der Bundesbürger nicht gleichgültig sein. Seine Aufgabe ist es, die Einhaltung von Recht und Gesetz auch bei den Datenabkommen Europas mit sicherzustellen. Zudem sind die geheim gehaltenen Ergebnisse des Prüfberichts umgehend offen zu legen. Ansonsten wird eine demokratische Kontrolle europäischer Polizei nicht gelingen und wertvolles Vertrauen verspielt.

Am 17. März habe ich die Bundesreguerung zu ihrer Haltung bezüglich der aktuell in der Diskussion befindlichen Missständen befragt. Heute haben wir die Ergebnisse unserer Frage an die Bundesregierung nach ihrer Haltung zu den aktuell diskutierten Missständen rund um das SWIFT-Abkommen erhalten.

Unsere am 17. März 2011 gestellte Frage lautete:
Angesichts des Berichts der Gemeinsame Kontrollinstanz von Europol (GKI)   SWIFT-Abkommen (JSB Europol inspection report 11-07) und der darin zum Ausdruck gekommenen Kritik an der unzulänglichen Aufsichtstätigkeit von Europol, als auch angesichts der unlängst durch die Deutsche Delegation gegenüber der Kommission (Schreiben vom 8. Februar 2011) zum Ausdruck gebrachten Kritik an der Informationspolitik sowohl von Europol als auch der Kommission, sowie der unlängst bekannt gewordenen Tatsache, dass nach wie vor und entgegen der Äußerungen des damaligen Innenministers innereuropäische Finanztransaktionen Gegenstand der Datentransfers an US-Behörden darstellen, behält die Bundesregierung vor diesem Hintergrund ihre Zustimmung zum SWIFT-Abkommen bei und wie begründet sie diese Zustimmung angesichts der aufgezählten Verstöße gegen die vertraglichen Vorgaben des Abkommens?

Die Antwort der Bundesregierung vom 16. März 2011
Die von der Gemeinsamen Kontrollinstanz von Europol in dem öffentlich zugänglichen Bericht kritisierten Anfragen der US-Seite sind hier nicht bekannt. Der Sachverhalt entzieht sich daher einer Bewertung durch die Bundesregierung.

Zur Informationspolitik wurde zwischenzeitlich von Vertretern meines Hauses mit der Europäischen Kommission in einer gemeinsamen Besprechung am 2. März 2011 die Problematik erörtert. Dabei wurden die Verfahrensschritte nach Eingang eines Auskunftsersuchens besprochen und die rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit Europols diskutiert. Darüber hinaus erläuterte die Kommission, dass sie bis Ende März einen Evaluierungsbericht nach Artikel 13 des Abkommens für das Programm zur Offenlegung der Terrorismus-Finanzierung (TFTP-Abnkommen-SWIFT) vorlegen wird. Es sei beabsichtigt, diesen Bericht sodann umgehend dem LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments durch die zuständige Kommissarin vorzustellen. Diesen Bericht gilt es abzuwarten.

Bewertung der Antwort der Bundesregierung:
Der Hinweis auf die Unkenntnis der Anfragen der US-Seite verwundert. Möchte das Innenministerium damit die Befunde der Gemeinsamen Kontrollinstanz in Frage stellen? Immerhin dürfte es sich dabei um eine ungewöhnliche Infragestellung der Arbeit dieses Gremiums handeln, für die es keinen erkennbaren Anlass gibt.

Dass die Bundesregierung sich im Übrigen weigert, ihre Punkte gegenüber der Öffentlichkeit zu erläutern, selbst in Fällen, in denen ihre kritische Auffassung der Öffentlichkeit bereits bekannt geworden ist, mag nachvollziehbar erscheinen, befriedigt angesichts ihres grundrechtlichen Schutzauftrages für die Daten und Informationen der Bürgerinnen und Bürgern aber nicht.

Mittlerweile hat sich auch die Europäische Kommission noch einmal zu Wort gemeldet und – ähnlich der Bundesregierung – zu Protokoll gegeben, keinerlei Bedenken bezüglich der Ergebnisse des ersten Berichts zur Anwendung des SWIFT-Abkommens zu sehen. Zu den Hintergründen eines Selbstversuchs eines Mitarbeiters von Alex Alvaro berichtet auch netzpolitik.org auch hier noch ein Text.

Tags

Comments are closed

Archive