In leider viel zu vielen Betrieben bespitzeln Arbeitgeber ihre Beschäftigten, was das Zeug hält. Wie dringend ein klar verständliches und die wichtigsten Probleme des Beschäftigtendatenschutzes adressierendes Gesetz für diesen Bereich wäre, zeigt dieser Tage der Fall von ALDI-Süd. Experten sind sich einig, dass Fälle in diesem Bereich nur die Spitze des Eisbergs sein dürften. Privatdetektive sollen bei ALDI über Monate auf Mitarbeiter angesetzt worden sein, stets im Auftrag und mit Billigung der eigentlich für den Datenschutz der Betroffenen zuständigen Geschäftsleitungen. Und das obwohl der LIDL-Skandal noch nicht lang zurückliegt, schweren Missbrauch im Bereich des Einzelhandels aufgezeigt hat und einer der Anlässe für die mehr als dürftige Datenschutzreform von 2009 wurde.

Wie man in diesem Kontext hört, will die Bundesregierung nun doch noch ihren Entwurf eines Gesetzes zum Beschäftigtendatenschutz durch den Bundestag bringen. Es wäre das erste konkrete Projekt dieser Bundesregierung zum Schutz der persönlichen Informationen der Bundesbürger. Denn selbst die versprochene Stiftung Datenschutz hat noch längst nicht ihre Arbeit aufgenommen, dort hat man noch nicht einmal das Verfahren der Genehmigung durch die Stiftungsaufsicht durchlaufen.

Wie man weiter hört, soll in der neuesten Gesetzesvorlage den Interessen insbesondere der Gewerkschaften umfänglich entgegengekommen sein. Wir würden uns freuen, wenn insofern auch die von uns in unserem Gesetzesentwurf gemachten Vorschläge (pdf) aufgegriffen werden. Denn die bisher vorgelegten Entwürfe waren zu einseitig an den Interessen der Arbeitgeber ausgerichtet. Streitpunkt war und ist vor allem der Vorstoß der Bundesregierung, die unbedingt Betriebsvereinbarungen als wirksame Rechtsgrundlage auch für Schutzstandards etablieren möchte, die hinter dem Gesetz zurückbleiben. Eben so umstritten sind aus Sicht der Gewerkschaften Einwilligungen als mögliche Rechtsgrundlagen sowie der Umfang der im Bewerbungsverfahren von Bewerbern zulässig erhebbaren Daten.

Datenschutzpolitik für Beschäftigte bei Betrieben und Behörden braucht jedoch einen umfassenderen Ansatz. Was hilft es den Beschäftigten, wenn punktuell geplante Verschlechterungen jetzt doch nicht kommen – also nur der ohnehin fragwürdige status quo gerade mal so gewahrt bleibt – aber dafür zentrale Schutzmaßnahmen gegen weitere Datenskandale ausbleiben? So dürfen Datenrasterungen von völlig unverdächtigen großen Teilen von Belegschaften nicht zum Normalfall werden, aber auch die sog. offenen Videoüberwachungen bedürfen der Einschränkung, nicht der Erweiterung. Maßgebliches Kriterium einer zukunftsorientierten Reform aber muss sein, inwiefern die eigentlichen Sachprobleme in den Betrieben aufgegriffen werden. Wir würden uns freuen, wenn insofern auch an dieser Stelle die Koalition nun unsere Vorschläge für die Schaffung einer Konzerndatenschutzregelung, aber auch eine beschäftigtenfreundliche Lösung der Frage von um sich greifenden Mitarbeiterüberwachung von-E-Mails, Telefon und anderen Kommunikationsmöglichkeiten anbieten würde. Eine Bespitzelung durch private Schlapphüte -wie offenbar im Einzelhandel nicht unüblich- allein zur Verfolgung von vertraglichen Pflichtverletzungen lehnen wir als unverhältnismäßigen Übergriff ab.

Im Beschäftigtendatenschutz brauchen wir klare Schutzbestimmungen zugunsten der Beschäftigten, sonst wird das u.a. IT-technisch entstandene Machtungleichgewicht weiteren Unfrieden in die Betriebe tragen, was in niemandes Interesse sein kann. Eine verdruckste und weithin unleserliche Ergänzung des ohnehin morschen Bundesdatenschutzgesetzes, wie von der Bundesregierung bislang geplant, muss unbedingt verhindert werden.

Hier findet Ihr eine Übersicht unserer Initiativen aus dem Bereich des Beschäftigtendatenschutzes.

Tags

Comments are closed

Archive