Heute findet ein ,,Krisengipfel“ des Bundesministeriums der Justiz und des Bundeswirtschaftsministeriums zu #PRISM statt. Während die Bundesregierung suggeriet, Aufklärungsarbeit zu Leisten, mehren sich Berichte aus den USA, nach denen verschiedene Insider davon sprechen, dass offenbar mehrere Tausend Firmen Daten an US-Geheimdienste weitergeben. Träfe dies zu, wäre die ohnehin schon krasse Dimension der Ausspähung noch einmal eine ganz andere.
Die Merkel-Regierung agiert beim größten jemals bekanntgewordenen verfassungswidrigen Überwachungsangriff auf Bundesbürger völlig scheinheilig. Erst schreibt sie Briefe, jetzt beruft sie einen Krisengipfel ein. Der dreht sich aber weniger um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, sondern darum, Akzeptanzprobleme bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Konsum über das Internet zu minimieren. Sonst hätte man sicherlich das für Datenschutz und Datensicherheit zuständige Bundesinnenministerium zum Mitausrichter gemacht.
In Sachen Datenschutz und Prism verfolgen Unionund FDP reine Symbolpolitik. Die von verschiedenen Ministerien an die US-Regierung gerichteten Fragen sind angesichts der offen zur Schau gestellten Unwissenheit über längst bekannte Fakten an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
Die offenkundig drohende und völlig inakzeptable Totalüberwachung unserer digitalen Kommunikationsinfrastrukturen macht innenpolitisch eine radikale Kehrtwende zwingend. Stattdessen halten konservative und sozialdemokratische Hardliner weiter an ihren alten Forderungen nach Vorratsdatenspeicherung, Passagierdatensammlung und Schengen-Einreiseregistrierungen fest. Dieselben Personen, die das Vorgehen der USA als ,,Stasi-Methoden“ betiteln, wollen die eigene Bevölkerung mit der Vorratsdatenspeicherung unter Generalverdacht stellen.
Eine Legislaturperiode lang lässt die Merkel-Koalition die Modernisierung des Datenschutzes kaltlächelnd liegen. Keine einzige Regelung zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger geht auf ihre Initiative zurück. Obwohl alle Experten sich einig sind, dass gerade aufgrund der exponentiell gewachsenen Nutzung des Web dies dringend nötig wäre. Die Schimäre Stiftung Datenschutz bindet zehn Millionen Euro Steuergelder, hat aber nicht einmal Personal um die Post zu öffnen.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat gezeigt, dass sie an dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor staatlicher und unternehmerischer Ausspähung tatsächlich kein Interesse hat. Wenn sie überhaupt agiert, setzt sie weiter auf längst gescheiterte Selbstregulierungsansätze. In Brüssel torpediert die Bundesregierung weiter die EU-Datenschutzreform. Doch nur ein einheitlich hohes europäisches Datenschutzniveau kann die zeitgemäße Erneuerung der Schutzkonzepte bewirken und ein Gegengewicht zur Datenschutzignoranz der Sicherheitsbehörden und Industrie bieten.
Jetzt gilt es, Sicherheitsgesetze grundrechtskonform einzuhegen und dringende Datenschutzreformen konsequent umzusetzen. Wir müssen die freiheitlichen Grundrechte, für die die demokratischen Gesellschaften unseres Kontinentes lange kämpfen mussten, jetzt entschlossen verteidigen und ausbauen.
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