Heute berichtete der Tagesspiegel, dass das Bundeskanzleramt scheinbar doch sehr frühzeitig über die Anzeigen des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), die schließlich im Vorwurf des Landesverrats gipfelten, informiert war. Der Artikel stützt sich auf die Aussagen eines Regierungssprechers.

Die Bundesregierung suggerierte bislang immer, sie habe von den Anzeigen erst sehr spät erfahren. Vor wenigen Tagen musste man bereits einräumen, dass das Bundesinnenministerium nicht nur von Anfang an informiert, sondern direkt an der Erarbeitung der Anzeigen beteiligt war.

Dennoch antwortete die Bundesregierung auf eine entsprechende Frage des Kollegen Korte: „Die Mitglieder der Bundesregierung waren im Vorfeld von der Anzeige des BfV nicht informiert.“ Und: Das Kanzleramt habe von dem Ermittlungsverfahren gegen die Journalisten von netzpolitik.org erst aus der Presse erfahren. Diese Aussagen entsprachen offenbar nicht der Wahrheit.

Dass man im Bundeskanzleramt, das die Rechts- und Fachaufsicht über das BfV ausübt, von dem ganzen Vorgang nichts gewusst haben will, war von Anfang an wenig glaubwürdig. Das haben wir immer wieder artikuliert. Heute muss das Bundeskanzleramt endgültig zurückrudern.

Das Bundeskanzleramt war anscheinend durchaus sehr frühzeitig über die Pläne des Bundesamtes für Verfassungsschutz informiert, genauso das Bundesjustizministerium. Das Amt hätte knapp einen Monat lang die Gelegenheit gehabt, zu intervenieren.

Das tat man jedoch nicht, obwohl von vornherein klar sein musste, dass die Anzeigen keinerlei Aussicht auf Erfolg hatten und nur ein Ziel verfolgten: Die Einschüchterung von Presse und Parlament.

Durch die Billigung des Vorgehens des Bundesamts für Verfassungsschutz trägt das Bundeskanzleramt eine direkte Mitverantwortung an dem weiteren Verlauf der Affäre, die das Vertrauen in Demokratie und Pressefreiheit nachhaltig beschädigt hat.

Die jüngsten Berichte bestätigen erneut: Die Aufklärung steht noch am Anfang. Die Bundesregierung muss jetzt alle Informationen auf den Tisch packen. Das Kanzleramt muss schnellstmöglich erklären, welche Rolle es in der Affäre tatsächlich spielte und warum man nicht gegen das durchsichtige Vorgehen des BfV intervenierte. Ein weiteres Aussitzen der Affäre darf es nicht geben.

Auf die Antworten der Bundesregierung auf unseren umfassenden Fragenkatalog, über den wir bereits berichtet hatten, warten wir gespannt.

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