Nach heutigem Stand sind rund 87 Millionen Nutzerinnen und Nutzer weltweit vom jüngsten Datenskandal bei Facebook betroffen, darunter mehr als 300.000 deutsche Nutzerinnen und Nutzer. Die Bundesregierung versagt bei der Aufklärung und beim Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Die Grüne Bundestagsfraktion treibt die Aufklärung durch einen umfassenden Fragenkatalog an die Bundesregierung voran.

Die Spitze des Eisberges ist erst zu erahnen, sie wird aber immer deutlicher erkennbar: Beim jüngsten Facebook-Datenskandal sind nach heutigem Stand persönliche Daten von rund 87 Millionen Nutzerinnen und Nutzern unzulässig mit der britischen Datenanalysefirma Cambridge Analytica geteilt worden. Auch mehr als 300.000 Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland sind nach heutigem Stand von dem Datenskandal betroffen.

Cambridge Analytica hatte die Nutzerdaten von dem Entwickler eines Persönlichkeitstestes rechtswidrig erhalten, der die Daten über eine Facebook-App eingesammelt hatte. Persönliche Daten sind ohne Kenntnis und Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer abgeflossen und sollen mutmaßlich für die Beeinflussung mehrerer Wahlkämpfe eingesetzt worden sein. Nun brauchen wir schnellstmöglich Aufklärung. Neben dem tatsächlichen Ausmaß des illegalen Datenabflusses ist auch das Ausmaß der intransparenten Beeinflussung demokratischer Willensbildungsprozesse durch individuell zugeschnittene politische Propaganda und Desinformationen mit Hochdruck aufzuklären und die notwendigen politischen Konsequenzen zu ziehen. Doch auch hierzu schweigt sich die Bundesregierung bislang aus.

Wir treiben  mit einer umfangreichen parlamentarischen parlamentarischen Anfrage „Konsequenzen aus den massenhaften Datenabgriffen bei Facebook und mögliche Beeinflussung demokratischer Willensbildungsprozesse“ (pdf) die Aufklärung voran. Wir fragen die Bundesregierung, was sie endlich unternehmen will, um die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer zu schützen, Machtmissbrauch wirksam entgegenzutreten und die Datenaufsicht zu stärken.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg gibt selbst zu, dass der bekannt gewordene Datenabgriff wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges ist. Betroffen sein könnten alle Nutzerinnen und Nutzer, die nicht explizit hohe Datenschutzeinstellungen vorgenommen haben. Das erklärt sich mit dem Geschäftsmodell von Facebook, das auf Gewinnmaximierung durch immer zielgenauere Werbung ausgerichtet ist. Für Anteile an den Erträgen der Drittanbieter ermöglichte das Unternehmen auch anderen App-Entwicklern und Unternehmen weltweit weitgehende Zugriffe auf Daten und Informationen der eigenen Nutzerinnen und Nutzer.

Dieser Fall reiht sich in jahrelange Kritik am mangelhaften Schutz der persönlichen Informationen und Daten bei einigen Internetgiganten ein. Facebook hat es nicht nur jahrelang verpasst, den Datenabfluss an Dritte zu kontrollieren, zudem hat man die Betroffenen bis heute nicht informiert. All das sind klare Rechtsverstöße. Nun hat Facebook zum wiederholten Male verbesserte Datenschutzvorkehrungen versprochen und behauptet gleichzeitig, dass die Umsetzung mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde. Die Grundrechte der Nutzerinnen und Nutzer laufen also weiter ins Leere und die Bundesregierung schaut bei alledem weitestgehend tatenlos zu.

Die Zeit des Wegguckens und Wegduckens muss  vorbei sein

Das Versagen der Bundesregierung gegenüber marktmächtigen Anbietern auf digitalen Märkten wird immer deutlicher: Über Jahre hat es die Bundesregierung bewusst unterlassen, gegenüber Facebook und anderen marktmächtigen Akteuren auf die Einhaltung von Recht und Gesetz zu pochen. Stattdessen hat man den Unternehmen unmissverständlich signalisiert, dass man ihre Verweigerungshaltung toleriert und von der deutschen Bundesregierung nichts zu befürchten ist. Auch die neue Große Koalition hat bislang keinerlei Konzept, wie man auf den jüngsten Datenskandal reagieren will. Stellte man den Datenschutz erst vor Kurzem noch  offen in Frage, hört man nun bestenfalls Halbgares, beispielsweise bezüglich der geplanten Schaffung eines neuen, bislang nicht näher definierten, umfassenden „Datenrechts“, das die Bundesregierung innerhalb eines Jahres vorlegen will.

Unklar ist zum Beispiel bis jetzt, in welchem genauen Umfang auch Bundesbürger sowohl von dem konkreten als auch von anderen, vergleichbaren Vorfällen betroffen sind und welche Maßnahmen die Bundesregierung für den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger und gegen die Marktmachkonzentration bei einigen wenigen, großen Anbietern im Digitalen plant. Der für den Datenschutz eigentlich zuständige Innenminister glänzt auch weiterhin mit Abwesenheit und hat sich bis heute mit keinem Wort zu den Vorfällen geäußert. Und die Bundesjustizministerin wird erst noch beweisen müssen, welche konkreten Konsequenzen sie aus ihrer Bewertung zieht, es handele sich bei Facebook um ein Netzwerk der Intransparenz

Weitere Aufklärung und klare Regelungen

Auch die Bundesregierung muss sich dem Ausverkauf unserer Grundrechte entschlossen entgegenstellen. Sie muss endlich eine aktive Rolle bei der Aufklärung des Datenmissbrauchs einnehmen und den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. Unter anderem gilt es, die Aufsichtsbehörden zu stärken, bestimmte algorithmische Entscheidungsverfahren zu überprüfen. Auf europäischer Ebene muss endlich die anstehende E-Privacy-Verordnung finalisiert werden, um den Grundrechtsschutz von 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern zu stärken. Dafür liegt bereits ein guter und wichtiger Kompromissvorschlag des EU-Parlamentes vor. Des Weiteren muss auf nationaler Ebene endlich die notwendige Modernisierung des Wettbewerbs-, Fusions- und Kartellrechts und ein kollektiver Rechtsschutz für das Verbraucherrecht angegangen werden.

Wir werden uns auch weiterhin mit aller Entschlossenheit für die Aufklärung dieser und weiterer Fälle und die Durchsetzung von Privatheitsschutz und digitalen Bürgerrechten einsetzen. Sobald uns die Antworten der Bundesregierung auf unsere Fragen vorliegen, werden wir hier darüber berichten.

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