Vor drei Jahren veröffentlichte Edward Snowden Unterlagen, die der Welt Einblick in ein ungeahntes, massives, in weiten Teilen rechtswidriges, internationales Überwachungssystem gewährten. Die Folge dieser Veröffentlichungen waren ein massiver Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft in die Integrität digitaler Kommunikationsinfrastruktur und in die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Seit nunmehr rund zwei Jahren klärt der Bundestag mit einem Untersuchungsausschuss in dieser Sache auf. Öffentlich versprach die Regierung eine umfassende Aufklärung, rechtsstaatliche Konsequenzen und Einhegungen der Dienste sowie eine verbesserte Kontrolle durch Kanzleramt und Parlament. Nun plant die Große Koalition offenbar, die verfassungswidrigen Praktiken im Nachhinein zu legalisieren und ganze Bereiche geheimdienstlicher Tätigkeit der parlamentarischen Kontrolle zu entziehen. Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln in dieser Kernfrage der Rechtsstaatlichkeit für eine freie digitale Gesellschaft streiten und notfalls die Vorhaben vor dem Bundesverfassungsgericht beklagen.
Die Diskussion um die Abschaffung der sogenannten „Störerhaftung“ führen wir seit nunmehr mehreren Jahren. Im Mai 2010 führte eine umstrittene […]
Heute hat das Bundeskabinetts ein neues Anti-Terror-Paket verabschiedet. Bezüglich des Zeitpunkts der Vorlage des Pakets, aber auch, was dessen konkrete Vorgaben angeht, habe ich das Vorgehen der Bundesregierung, gemeinsam mit meiner Kollegin Irene Mihalic, Sprecherin für Innenpolitik, kritisiert. Das neue Terrorpaket vermengt unterschiedlichste und tief in Grundrechte eingreifende Befugniserweiterungen für die Sicherheitsbehörden, die keineswegs auf Anti-Terror beschränkt sind. Eine derart weitreichende Änderung unserer Sicherheitsarchitektur verdient eine seriöse und sorgfältige Behandlung im Parlament. Dafür, dass diese auch stattfindet, werden wir sorgen.
Heute hat Bundeswirtschaftsminister Gabriel angekündigt, bis Anfang 2017 Regeln für die Regulierung der Digitalbranche erarbeiten lassen zu wollen. Gemeinsam mit Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik der grünen Bundestagsfraktion, hat Konstantin das viel zu zaghafte Vorgehen Gabriels kritisiert. Die neuesten Ankündigungen des Wirtschaftsministers sind ein schlechter Scherz. Die Herausforderungen der Wettbewerbspolitik im digitalen Zeitalter sind seit langem bekannt. Antworten auf die Marktmacht global agierender IT-Unternehmen hat die Bundesregierung jedoch bis heute nicht. Das Ministerium hat diese Debatte schlicht verpennt.
Angesichts des jüngsten Vorschlags von Bundesinnenminister de Maiziere, ein Vermummungsverbot für Nutzerinnen und Nutzer des Internets einzuführen, reibt man sich fast ungläubig die Augen. Diese Debatte haben wir in den letzten Jahren nun wirklich erschöpfend geführt. Dass der Minister, um von eigenen, offensichtlichen Versäumnissen abzulenken, erneut einen Vorschlag aus der Mottenkiste konservativer Law & Order-Politik hervorkramt, ist kein Versehen, sondern hat seit langem System.
Die furchtbaren Anschläge von Paris und Brüssel haben Europa schwer getroffen. Sie zeigen weiter die enorme Verletzlichkeit unserer offenen und freien Gesellschaften. Der wachsenden Verunsicherung der Bevölkerung muss die Sicherheitspolitik mit geeigneten Maßnahmen begegnen, die neues und begründetes Vertrauen schaffen. Nur ein starker Rechtsstaat gewährleistet Sicherheit. Es ist ein gefährlicher Irrweg, auf Gefährdungen der inneren Sicherheit mit immer weitergehenden Einschränkungen unserer Bürgerrechte zu reagieren. Die grüne Bundestagsfraktion hat nun detaillierte Eckpunkte zur Inneren Sicherheit vorgelegt. Wir stehen für einen starken Rechtsstaat, der Sicherheit gewährleistet und nicht denjenigen auf den Leim geht, die mühsam erkämpfte Freiheitsrechte abbauen wollen. Wir wollen die Aufgaben von Polizei, Bundespolizei und Nachrichtendiensten neu bestimmen und das Nebeneinander von Strukturen beenden.
Zu aktuellen Meldungen, nach denen sich Union und SPD darauf verständigt haben, die „Störerhaftung“ endlich abschaffen und die Providerprivilegierung, wie es ursprünglich das Telemediengesetz vorsah, auf alle Anbieter ausdehnen zu wollen, habe ich heute begrüßt - und gleichzeitig angemahnt, das netzpolitische Kompetenzgerangel innerhalb der Großen Koalition endlich aufzulösen. Die von der Bundesregierung bislang vorgelegten Gesetzesentwürfe gingen vollends an digitalpolitischen Realitäten vorbei. Sie hätten Rechtunsicherheit weiter befördert und dazu geführt, dass es letztendlich weniger statt mehr offener Netze gäbe. Sie stellten zudem eine Bedrohung für die engagierte Freifunkgemeinde dar. Durch die geplanten Haftungsverschärfungen wären Anbieter zu Hilfssheriffs gemacht worden. Der Streit um die Störerhaftung hat insgesamt noch einmal verdeutlicht: Das anhaltende, netzpolitische Kompetenzgerangel innerhalb der Großen Koalition lähmt weiterhin jedweden digitalpolitischen Fortschritt. Angesichts einer Hülle weiterhin unbearbeiteter netzpolitischer Großbaustellen brauchen wir endlich eine klare Aufgabenverteilung innerhalb der Bundesregierung. Nur so kann der voranschreitende digitale Wandel unserer Gesellschaft in angemessener Weise gesetzgeberisch begleitet werden.
Archive