Die heutige Sitzung des Innenausschusses des Bundesrats hat das Bündnis „Meine Daten sind keine Ware“ genutzt, um mehr als 190.000 Unterschriften gegen das neue Meldegesetz an die Vertreterinnen und Vertreter der Innenministerien der Bundesländer zu übergeben. Die Übergabe der Unterschriften war verbunden mit der Forderung, die Weitergabe von Meldedaten an Adresshändler und Werbetreibende künftig nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Bürgerinnen und Bürger zu erlauben.

Das aus Campact, dem FoeBuD e.V., dem Verbraucherzentrale Bundesverband und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz bestehende Bündnis kritisiert, dass Bürgerinnen und Bürger mit dem von der schwarz-gelben Koalition im Bundestag beschlossenem Gesetz keine Möglichkeit mehr hätten, sich gegen die Weitergabe ihrer Daten zu wehren. CDU/CSU und FDP hatten die ursprünglich vorgesehene Einwilligungslösung („Opt-In“) kurzfristig zugunsten eines nachträglichen Widerspruchsrechts („Opt-Out“) abgeschafft. Über den Umstand, dass durch eine zusätzliche Klausel selbst dieses Widerspruchsrecht faktisch ausgehebelt wird, hatten wir berichtet.

Im Rahmen der heutigen Unterschriftenübergabe stellte Rena Tangens vom FoeBuD daher vollkommen zu Recht unmissverständlich klar: „Meldebehörden sind kein Selbstbedienungsladen für Adresshändler. Datenschutz im Meldeamt muss die Regel und nicht die Ausnahme sein.“

Als der Bundestag im Juni das Meldegesetz reformierte, waren Zigtausende empört – zu Recht: Das Gesetz erlaubt die Weitergabe der Meldedaten an Werber und Adresshändler. Bürgerinnen und Bürger können nicht wirksam dagegen widersprechen. Als Grüne lehnen wir das strikt ab. Niemand, der seiner gesetzlichen Meldepflicht nachkommt, darf zum unfreiwilligen Objekt von Daten-Dealern werden. Wir wollen die informationelle Selbstbestimmung wieder herstellen und festschreiben, dass einer solchen Datenweitergabe wenigstens ausdrücklich zugestimmt werden muss („Opt-In“). Und wir wollen die Regeln wieder enger stecken, nach denen Daten gespeichert werden dürfen. So wie es jetzt im Gesetz steht, sind dem Aufbau von Schattenregistern bei den Datenhändlern Tür und Tor geöffnet.

Aber nicht nur der Inhalt, auch das Verfahren der Gesetzgebung war bemerkenswert. Der ursprüngliche Entwurf war noch so formuliert, dass auch Datenschützer ihn akzeptieren konnten. Deshalb wurde ein beschleunigtes Verfahren vereinbart – und dann kurz danach mit einem Änderungsantrag das Gesetz völlig auf den Kopf gestellt. Das war von langer Hand geplant. Darüber können auch die Krokodilstränen der Bundesregierung nicht hinweg täuschen, der Bundestag habe ihr schönes Gesetz verhunzt – es waren die Regierungsparteien CDU/CSU und FDP, die das so wollten, alle anderen waren gegen diese datenschutzfeindlichen Verunstaltungen. Insgesamt war das Vorgehen der Bundesregierung eine atemberaubende Mischung aus fragwürdiger Wirtschaftsnähe und Populismus.

Das Verfahren im Bundesrat ist nun die Chance aus einem Kotau vor der Adresshandels-Lobby wieder ein vernünftiges Meldegesetz zu machen. Als Grüne freuen wir uns, dass die rot-grünen Landesregierungen das vorantreiben und dazu den Vermittlungsausschuss anrufen wollen. Über das weitere Vorgehen in Sachen Meldegesetz werden wir Euch auf dem Laufenden halten. Außerdem bietet die Posse um das Meldegesetz die Chance, auch auf andere datenschutzrechtliche Schutzlücken und das fortwährende Einknicken der schwarz-gelben Bundesregierung vor einer lobbystarken Werbewirtschaft zu thematisieren. Das werden wir als Grüne auch weiterhin tun.

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