Wir alle wissen, dass Nachrichtendienste überwachen. Wir wissen aber auch, dass wir in Gesellschaften leben, die sich nicht ohne Stolz auf die Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaats berufen. Überwachung schafft Wissen und Wissen schafft Macht. Macht ohne Verantwortlichkeit wiederum bildet die Basis für Korruption. Es ist deshalb elementar, dass wir für nachrichtendienstliche Spionage - aber auch für Überwachung durch Unternehmen - eine demokratische Aufsicht und strenge rechtliche Auflagen schaffen. Ein Gastbeitrag von Joe McNamee (European Digital Rights).
Die Grünen beteiligen sich an den bundesweiten Demonstrationen am 27. Juli 2013 gegen die digitale Überwachung und für ein freies und sicheres Internet! Geheimdienste und Unternehmen greifen auf unsere Mails, Chats, Privatnachrichten, auf Kaufverträge im Internet, Passwörter und vieles mehr zu. Über unsere Daten können wir so nicht mehr selbst bestimmen. Meinungsfreiheit und Privatsphäre sind bedroht. Dagegen wollen wir protestieren: Stop watching us!
Christian Rath schreibt in seinem Artikel der gestrigen Taz mit dem Titel „Grundgesetz weiter als die Grünen“ mit Hinweis auf einen gemeinsamen Artikel von Katrin Göring Eckhardt und Jürgen Trittin, der in der Frankfurter Rundschau erschienen ist, in dem die beiden unter anderem eine Weiterentwicklung von Artikel 10 GG zu einem umfassenden Kommunikations- und Mediennutzungsgeheimnis fordern, dass dies bereits „längst gültiges Recht“ sei. Er bezieht sich dabei explizit auf die Einbeziehung von SMS und Emails. Mit seinem Hinweis, dass dies bereits Rechtslage sei, hat er jedoch nur in Teilen Recht.
Vier Jahre hat die schwarz-gelbe Koalition allen Veränderungsdruck erst ignoriert und Verbesserungen auf EU-Ebene sabotiert - die FDP aus falsch verstandener Wirtschaftsfreundlichkeit, die Union aus Hörigkeit gegenüber den Sicherheitsbehörden. Am Wochenende dann die nächste Hiobsbotschaft. Deutsche Dienste setzen offenbar sehr vergleichbare Überwachungs-Techniken ein, ohne das zuständige Parlamentarische Kontrollgremium über deren Einsatz zu informieren. Vertreter der US-Geheimdienste loben die Deutschen gar für deren besonderen Fleiß und die Zuarbeit an die US-Dienste. Konstantin kritisiert das Vorgehen von Kanzlerin Merkel scharf.
Seit 2005 regiert Angela Merkel in wechselnden Koalition das Land. Datenschutz war bisher das letzte aller Themen bei der Union. In Reaktion auf die Enthüllungen der Totalüberwachung der deutschen Bevölkerung durch ausländische Geheimdienste und der Nutzung dieser illegal erhobenen Daten durch deutsche Sicherheitsbehörden versuchen sich zahlreiche Unionspolitiker nun seit wenigen Tagen im Bereich des Datenschutzes. Ein insgesamt kläglicher, unglaubwürdiger und untauglicher Versuch.
Täglich neue Hiobsbotschaften: Die jüngsten Erkenntnisse hinsichtlich der Totalüberwachung durch die Geheimdienste und den offenbar weitreichenden Austausch von Informationen zwischen dem NSA und dem BND werfen erneut die Frage auf, welche Kenntnisse die Bundesregierung tatsächlich von der Praxis des NSA hatte. Das Bundeskanzleramt muss erklären, seit wann, zu welchen Anlässen, unter welchen Voraussetzungen und wie häufig der BND mit welchen Anfragen an die NSA herangetreten ist und welche Art von Informationen man erhalten hat. Diese Informationen gehören in die Öffentlichkeit. Sollte es eine Mitwisserschaft des Bundeskanzleramtes hinsichtlich der Totalüberwachung unserer Kommunikationsinfrastruktur geben, muss dies zwingend auch personelle Konsequenzen haben.
Gestern kündigte, nachdem dies Bundesverbraucherschutzministerin Aigner bereits einen Tag zuvor getan hatte, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel an, sich für eine starke EU-Datenschutzgrundverordnung einsetzen zu wollen. Jan freut sich, dass nun auch die Bundeskanzlerin den EU-Datenschutz für sich entdeckt hat, stellt aber gleichzeitig klar, dass es die Bundesregierung der Kanzlerin ist, die seit nunmehr eineinhalb Jahren den Vorschlag für eine durchsetzungsfähige Datenschutzverordnung torpediert.
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