Trotz der massiven gesellschaftlichen und politischen Umbrüche, die wir durch die Digitalisierung erleben, ist es der Bundesregierung nicht gelungen, diesen Wandel auch in ihren politischen Entscheidungen widerzuspiegeln. Weder wurden innerhalb der Regierung klare Zuständigkeiten bestimmt, noch ist eine kohärente Strategie erkennbar. Statt dringend notwendiger Weichenstelllungen anzugehen, stellt die Bundesregierung mühsam erkämpfte Standards wieder in Frage. Von dieser rückschrittlichen Netzpolitik profitieren weder die Bürgerinnen und Bürger, noch Unternehmen. In einem Beitrag in "Das Netz - Jahresrückblick Digitalisierung und Gesellschaft 2016-2017" hat Konstantin auf die weiterhin dringend notwendige Wende in der Netzpolitik der Bundesregierung hingewiesen.
Zu den heute veröffentlichten TiSA-Dokumenten habe ich gemeinsam mit meiner Kollegin, Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik der Grünen Bundestagsfraktion, heute Stellung genommen.
Trotz mehrfacher Leaks und entsprechend harscher Kritik aus Zivilgesellschaft und europäischem Parlament drohen offenbar auf Druck der US-Seite in den Verhandlungen mit der EU-Kommission und der Bundesregierung weiter einseitig Wirtschaftsinteressen bedient zu werden. Hier sollen über die Köpfe der Betroffenen hinweg selbstverständliche Grundrechtestandards wegverhandelt werden. Das ist ein Skandal. Niemand braucht sich zu wundern, wenn durch solche Hinterzimmerdeals Politikverdrossenheit und Populismus zunimmt.
Datenschutz, Open Source und Netzneutralität als Wettbewerbshindernisse zu betrachten ist gestrig und grundfalsch. Diese sind ganz im Gegenteil die Grundvoraussetzung für Gemeinwohl, Verbrauchervertrauen und fairen Wettbewerb im digitalen Zeitalter. Hohe Standards für alle – das würde Handelsabkommen nicht hemmen, sondern vielmehr legitimieren.
In den vergangenen Tagen wurde eine Neuordnung der Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung beim Datenschutz diskutiert. Die Diskussionen der vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, dass der Datenschutz beim Innenministerium nicht gut aufgehoben ist. Der Interessenkonflikt zwischen der Verantwortung für die Innere Sicherheit und die Wahrung von Privatsphäre und Datenschutz ist offensichtlich.
Bei ihrem Treffen an diesem Freitag, den 13. März 2015, wollen sich die EU-Innen- und Justizminister auf einen Teil der EU-Datenschutzreform einigen. Die EU-Minister sollten sich davor hüten, die Standards für den Datenschutz in der EU weiter aufzuweichen. Die Vorschläge der deutschen und britischen Regierung sehen vor, dass Daten ohne die Zustimmung der VerbraucherInnen für Werbung oder Kreditwürdigkeitsabschätzung verwendet werden können, auch wenn dies ursprünglich gar nicht vorgesehen war.
Gestern erklärte die federführend zuständige EU-Kommissarin Reding, sie sehe aufgrund der bisherigen Positionierungen verschiedener Mitgliedsstaaten keine Chance mehr für die Verabschiedung der EU-Datenschutzreform in dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments. Die Bundesregierung und Angela Merkel tragen einen erheblichen Teil der Verantwortung für das jetzige Scheitern der EU-Datenschutzreform. Sie hat dieses wichtigste Reformvorhaben des Europäischen Parlaments in dieser Legislatur gezielt hintertrieben.
In unregelmäßigen Abständen berichten wir in der Rubrik “Aus den Ländern” über verschiedene Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen-, Rechts- und Netzpolitik in den einzelnen Bundesländern. An dieser Stelle möchten wir Euch auf eine interessante Veranstaltung zum EU-Datenschutz im Bayerischen Landtag aufmerksam machen. Mit Jan Philipp als Berichterstatter des Europäischen Parlaments zur Datenschutz-Grundverordnung, der europapolitischen Sprecherin Christine Kamm, der datenschutz- und netzpolitischen Sprecherin Verena Osgyan und der innenpolitischen Sprecherin Katharina Schulze stehen kompetente Gesprächspartner bereit.
Die Reaktion auf die amerikanische Überwachung kann nur auf europäischer Ebene erfolgen. Jan hat am Wochenende in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung dazu einen Gastbeitrag veröffentlich. An dieser Stelle einige Auszüge. Den vollständigen Originalbeitrag findet Ihr auf den Seiten der FAZ.
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