Die jüngsten Enthüllungen der milliardenfachen Erfassung von Standortdaten durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA zeigen klar: Die Kontinuität der Realitätsverweigerung der Bundeskanzlerin macht sprachlos. Kanzlerin Merkel muss endlich erkennen: Der Rechtsstaat muss mit allen demokratischen Mitteln verteidigt werden. Tun wir dies nicht, verlieren wir ihn. Die bisherigen Antworten der Bundesregierung auf den größten Bürgerrechtsskandal jemals sind kaum mehr als Schall und Rauch. Sämtliche ihrer Aktivitäten sind reine Placebos. Die Bundesregierung muss endlich entschlossen handeln und den Grundrechts- und Menschenrechtsschutz sicherstellen.
Am vergangenen Wochenende fand in Kiel der Kleine Parteitag der Grünen in Schleswig-Holstein statt. Der Kleine Parteitag verabschiedete unter anderem auch einen von Konstantin inititierten Antrag mit dem Titel "Gegen massenhafte Überwachung: Grundrechte schützen - Rechtsstaatlichkeit bewahren". Intention der Initiative war es, die Entwicklungen und Versäumnisse der Bundesregierung der letzten sechs Monate aufzuzeigen und die von uns Grünen auf Bundes- und Landesebene, sowohl als Partei als auch als Fraktionen, in verschiedenen Initiativen gemachten Vorschläge zusammenzufassen. Zudem bezieht sich der Antrag auch noch einmal auf die im schleswig-holsteinischen Koalitionsvertrag sehr klar verankerte Absage an eine Vorratsdatenpeicherung, auf die sich die Große Koaltion gerade auf Bundesebene verständigt hat.
Am heutigen 18. November 2013 fand eine von uns beantragte Sondersitzung des Bundestages zum derzeitigen Überwachungs- und Geheimdienstskandal statt. Wir hatten ausführlich über die Sitzung und den von uns hierzu vorgelegten parlamentarischen Initiativen berichtet. Für die Grüne Bundestagsfraktion haben Hans Hans-Christian Ströbele und Konstantin Notz während der anderthalbstündigen Debatte gesprochen. An dieser Stelle dokumentieren wir die Reden der beiden.
Derzeit verhandeln CDU und SPD über einen Koalitionsvertrag für die kommende Legislaturperiode. Auf der Agenda steht dabei auch die Innere Sicherheit. Im Zuge der Verhandlungen waren immer wieder Vorschläge von Hans-Peter Friedrich zu vernehmen, die oftmals nur ein Ziel hatten: Eine massive Ausweitung der Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden zu Lasten des Grundrechtsschutzes der Bürgerinnen und Bürger. In einem Gastbeitrag, der u.a. online bei der Frankfurter Rundschau erschienen ist, warnt Konstantin davor, die in den letzten Wochen und Monaten offenbar gewordene Überwachungsspirale weiter anzuheizen. Stattdessen plädiert Konstantin dafür, tatsächliche Konsequenzen aus dem derzeitigen Überwachungs- und Geheimdienstskandal zu ziehen, die sicherheitspolitische Agenda der vergangenen Jahre grundlegend zu überdenken und den Daten- und Verbraucherschutz zu einem Schwerpunkt der nächsten Legislaturperiode zu machen.
Nahezu täglich erreichen uns neue Hiobsbotschaften bezüglich des größten Abhörskandals in der Geschichte der westlichen Demokratien. Dies ist vor allem der Verdienst des Whistleblowers Edward Snowden, der durch die Veröffentlichung dieser Daten eine Diskussion über die Rolle sich offenbar verselbstständigter Geheimdienste erst ermöglichte. Es ist aber auch der Verdienst zahlreicher Journalistinnen und Journalisten, die für verschiedene Medien arbeiten und seit Monaten die Snowden-Dokumente journalistisch aufarbeiten. Neben dem deutschen Spiegel hat sich hier vor allem der britische Guardian besonders verdient gemacht. Wir unterstützen diejenigen, die sich heute in London zusammenfinden, um ein Zeichen gegen staatliche Maulkorbpolitik gegenüber dem Guardian zu setzen. Konstantin wird in London vor Ort sein.
Heute berichten mehrere Medien von neuen Erkenntnissen bezüglich einer weitreichenden Zusammenarbeit verschiedener europäischer Geheimdienste. Der Ausspäh-Skandal weitet sich damit massiv auf die deutschen Dienste aus. Auch die Rolle der Bundesregierung steht zusehends in Frage. Die Vermutungen des internationalen Ringtausches bestätigen sich immer mehr. Die Bundesregierung hat es sträflich vernachlässigt vor der eigenen Haustür zu kehren und selbstbestimmt aufzuklären. Entweder hat die Bundesregierung bewusst vertuscht oder die Dienste führen ein unkontrolliertes Eigenleben. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss muss kommen. Das Parlament muss aufklären, was die Bundesregierung nicht aufklären will oder kann. Die Herrschaft des Rechts muss durch das Parlament wieder hergestellt werden.
Nach Bekanntwerden, dass der US-Geheimdienst NSA sich weltweit heimlich in die Leitungen von Rechenzentren führender Internetanbieter eingeklinkt hat, wird immer klarer: Hier hat sich ein geheimdienstliches Überwachungssystem verselbständigt, das sich in demokratischen Rechtsstaaten nicht verselbstständigen darf. Um der weiteren Erosion unseres Rechtsstaates entgegen zu treten und die Grundrechte der Menschen in Deutschland zu schützen, muss sich die Bundeskanzlerin endlich klar positionieren - und zwar nicht nur im Hinblick auf ihr eigenes Handy. Die Kanzlerin muss ihre Politik der Nicht- und Desinformation über die internationale Kooperation deutscher Geheimdienste endlich beenden, Transparenz im Hinblick auf den Umfang der Problematik herstellen und in eine offene Diskussion über die Rolle der Geheimdienste eintreten.
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